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Mangel an Impfstoffen Ärztegesellschaft kritisiert Bund

Seit Jahren warnen Mediziner erfolglos vor Engpässen. Jetzt fordern sie einen garantierten Zugang zu Impfproduktionen in Europa oder eine eigene Produktion in der Schweiz.

Seit Donnerstag ist der Impfstoff Pneumovax in der Schweiz nicht mehr verfügbar. Er hilft Corona-Risikopatienten mit Atemwegserkrankungen oder Abwehrschwächen Lungenentzündungen vorzubeugen.

Patienten rufen uns an und wir müssen dann sagen, dass nichts mehr da ist.
Autor: Carlos Quinto Mediziner und Mitglied des Zentralvorstands der Schweizer Ärztegesellschaft FMH

Für den Mediziner und Mitglied des Zentralvorstands der Schweizer Ärztegesellschaft FMH, Carlos Quinto, ist dies nur eines von vielen Beispielen. In der gegenwärtigen Corona-Pandemie sei es besonders brisant, sagt er: «Patienten rufen uns an und wir müssen dann sagen, dass nichts mehr da ist.»

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Coronavirus: Zusammenfassung
aus Rendez-vous vom 25.03.2020. Bild: Keystone
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Impfstoffe gehen während der Impfkampagne aus

Betroffen sind nicht nur die Impfstoffe gegen Lungenentzündungen bei Corona-Risikopatienten. «Wenn in der Schweiz eine nationale Impfkampagne startet, zum Beispiel gegen Masern, Mumps oder Röteln, geht der Impfstoff meistens noch während der Kampagne aus», so Quinto.

Er nennt ein Beispiel: «Im vergangenen Frühling hatten wir eine Impfkampagne gegen FSME (Virus, das durch Zeckenbisse übertragen wird, Anm. d. Red.) in der Schweiz. Doch dann hatten wir plötzlich keinen Impfstoff mehr.» Das Problem sei seit Jahren bekannt, doch der Bund sei zu wenig aktiv, kritisiert Quinto. «Der Bund muss mit uns an einen Tisch sitzen, um Lösungen zu finden.»

Keine Schweizer Hersteller mehr

Die Engpässe gibt es, weil weltweit die Impfstoffproduktion auf wenige Hersteller konzentriert ist. Berna Biotech, die einst weltweit führende Schweizer Herstellerin für Impfprodukte, gibt es nicht mehr.

80 Prozent des Schweizer Impfstoffmarktes wird von einem Hersteller, der britischen Firma Glaxo Smith Kline, abgedeckt. Novartis stellt keine Impfstoffe mehr her, weil die Margen mit etwas über zehn Prozent im Impfstoffgeschäft generell für die Pharmaunternehmen zu tief sind.

Eine Schweizer Lösung könnte helfen

«Es ist ein Dauerproblem, und es ist relevant», sagt Quinto, «wir haben nur noch wenige Hersteller, und keine mehr in der Schweiz». Die Herstellung erfolgt grösstenteils in China und in Indien. «Das sind lange Transportwege. Die Schweiz ist auch nicht Mitglied von internationalen Einkaufsketten, wie sie in Europa existieren.» Hinzu kämen bürokratische Hürden.

Was wir brauchen, ist wieder eine Impfstoffherstellung in der Schweiz. Oder eine in Europa, bei welcher der Zugang für die Schweiz garantiert ist.
Autor: Carlos Quinto Mediziner und Mitglied des Zentralvorstands der Schweizer Ärztegesellschaft FMH

Die Schweiz habe ein eigenes Zulassungssystem und der Schweizer Markt sei für die grossen Pharmafirmen einfach zu klein, so Quinto. Es wird zum Teil gar keine Marktzulassung mehr für die Schweiz beantragt. «Was wir brauchen, ist wieder eine Impfstoffherstellung in der Schweiz, und/oder eine in Europa, bei welcher der Zugang für die Schweiz garantiert und geregelt ist.»

Die ökonomischen Aspekte sollten lösbar sein, da volkswirtschaftliche Folgekosten bei fehlenden Impfstoffen sehr hoch sein können. Eine andere Möglichkeit wäre, mit anderen europäischen Ländern in einer Einkaufsgemeinschaft mitzumachen. Doch das wäre dann wohl wieder ein politisches Problem, meint Quinto.

Rendez-vous vom 25.3.2020

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