Das Coronavirus breitet sich in der Schweiz wieder stärker aus. Als Präventionsmassnahmen hat der Bundesrat deshalb ab Montag eine Maskentragpflicht im öffentlichen Verkehr beschlossen und die Einreisebestimmungen verschärft.
Im Gespräch betont Bundesrat Alain Berset, das sich die Menschen in der Schweiz bisher sehr gut verhalten haben, nun aber neben Empfehlungen auch wieder einige Pflichten dazu kommen.
SRF: Am Montag hiess es noch, die Kantone seien in der Pflicht, man setze auf Eigenverantwortung. Heute kommen Quarantänebestimmungen und die Maskenpflicht im ÖV. Was ist zwischen Montag und heute passiert?
Alain Berset: Die Situation ändert sich jeden Tag. Wir verfolgen das sehr genau. In den letzten Tagen haben wir gemerkt, dass einige Fälle importiert wurden von Rückkehrern aus Gebieten, in denen es sehr viele Corona-Fälle gibt. Davor müssen wir uns schützen. Es war also ein Signal an die Leute, die unbedingt in diese Regionen gehen müssen – das müssen wir akzeptieren –, aber wenn sie zurückkommen, braucht es eine Quarantäne, um uns zu schützen.
Zur Maskentragpflicht im ÖV: War nicht einfach der Druck zu gross aus der Öffentlichkeit, von den Experten und den umliegenden Ländern, die alle schon eine Maskenpflicht haben?
All das spielt eine Rolle. Wir haben seit Juni eine klare Verteilung der Kompetenzen zwischen dem Bund und den Kantonen. Der Bund ist zuständig für sogenannte Präventionsmassnahmen: Hygieneregeln, Abstandhalten, Empfehlungen, eine Maske zu tragen. Wir haben einfach die Präventionsmassnahmen verschärft. Nach der dringlichen Empfehlung haben wir jetzt eine Maskenpflicht im ÖV.
Wir haben einfach die Präventionsmassnahmen verschärft.
Die Kantone sind zuständig für die Umsetzung, für die Kontrolle, dass es Schutzkonzepte gibt, für das Contact Tracing, und dass man die Leute isoliert, wenn sie positiv sind. Diese Verteilung der Aufgaben bleibt, aber wir müssen auch flexibel bleiben, je nachdem, wie sich die Fallzahlen entwickeln. Wir haben jetzt mehr Fälle, und wir müssen jetzt reagieren.
Die meisten Fälle gab es in Clubs und Bars. Hat man im Bundesrat heute diskutiert, dort auch schärfere Massnahmen einzuführen?
Wir haben gemerkt, dass es dort Probleme geben kann. Das ist wirklich Sache der Kantone, die Leute mit Tracing zu finden und dann zu isolieren oder in Quarantäne zu stellen, wenn es notwendig ist. Es ist an den Kantonen, diese Orte zu schliessen, wenn es notwendig sein sollte. In Basel wurden vor einigen Wochen schon einige Bars geschlossen. Es gibt in allen Kantonen solche Schliessungen. Das ist der richtige Weg, damit die Situation weiterhin gut bleibt.
Es ist an den Kantonen, diese Orte zu schliessen, wenn es notwendig sein sollte.
Neu müssen Menschen aus Risikogebieten bei der Einreise in Quarantäne. Sie haben heute Schweden und Serbien erwähnt. Welche Länder könnten noch dazukommen?
Im Zentrum steht die epidemiologische Situation in diesen Gebieten und die Einreise von Leuten aus diesen Gebieten. Das müssen wir noch bis morgen gut anschauen. Diese Liste wird dann regelmässig an die epidemiologische Lage angepasst. Es können Länder sein, Regionen in einem Land wie zum Beispiel die Lombardei, oder mehrere Länder. Das werden wir genau beobachten, um die Schweiz zu schützen.
Ihr Lieblingswort der letzten Wochen, «Eigenverantwortung», wurde heute in der Medienkonferenz nie genannt. Ist sie gescheitert?
Das ist falsch, ich habe das Wort bei der Quarantäne verwendet. Ich habe gesagt, die Leute, die zurückkommen, müssen sich eigenverantwortlich in Quarantäne begeben. Es war immer so, dass wir zunächst einmal Klarheit brauchen, was gilt und was nicht. Das war wichtig und hat in den letzten Monaten sehr gut funktioniert. Es gab sehr klare Empfehlungen, zum Beispiel: «Wir bleiben zu Hause». Es gab auch einige Verbote. Jetzt haben wir nach wie vor Empfehlungen, aber auch einige Pflichten, zum Beispiel Maskentragpflicht bei Demonstrationen und ab jetzt auch im ÖV.
Das Gespräch führte Urs Leuthard.