Das Wichtigste in Kürze
- Ein ungewöhnliches Quartett ergreift ein Referendum: eine Seniorin, eine Studentin, ein parteiloser Kantonsrat und ein Tessiner Politologe.
- Sie vertreten keine Interessengruppen und werden politisch aktiv – als Bürgerinnen und Bürger.
- Ihr Ziel ist es, dass die Stimmbürger abschliessend über den parlamentarischen Umsetzungsvorschlag (Ausländergesetz) zur Masseneinwanderungs-Initiative (MEI) entscheiden können.
Nenad Stojanovic, Politologe an der Universität Luzern und SP-Mitglied, betonte, dass die Steuerung der Zuwanderung das wichtigste politische Thema der letzten Jahren sei. Es sei daher «extrem problematisch», wenn sich das Volk nicht zum MEI-Umsetzungsgesetz äussern könne. Damit überlasse man das Feld den populistischen Parteien, die «der Classe politique Landesverrat» vorwerfen würden.
Stojanovic hatte das Referendum zunächst im Alleingang ergriffen. Der Funke sprang aber rasch über. Es sei eine «wunderbare Dynamik» in Gang gekommen lobt er das Engagement seiner Mitstreiter. Sie haben sich dem Vorstoss Stojanovic‘ angeschlossen und auch für sie stehen nicht die Zuwanderung, sondern demokratiepolitische Überlegungen im Vordergrund:
Ingrid Sigg von der «Bürgerrechtsbewegung Schweiz» spricht von einem «institutionellen Putsch». Ohne Referendum könne das Parlament in Zukunft bei jeder Volksinitiative eine ganz andere Lösung diktieren als jene, die das Volk beschlossen habe. Ein solcher Präzedenzfall könne jede Gruppe treffen, darum müsse das Volk bei diesem Dilemma mit dem «Inländervorrang light» den letzten Entscheid fällen.
Die Zuger Studentin Sandra Bieri findet es demokratiepolitisch höchst bedenklich, dass sich keine Partei für ein Referendum gegen die «Nichtumsetzung des Verfassungsauftrags» einsetzt. «Es wurde ein Verfassungbruch begangen. Das Volk hat jetzt die Chance sich dazu zu äussern.» Sie will mit ihrem Engagement ein klares Zeichen «ans Establishment» senden, dass das Volk in wichtigen Fragen nicht übergangen werden darf.
Willi Vollenweider, Präsident der armeefreundlichen Gruppe Giardino und parteilose Zuger Kantonsrat rief zum «demokratischen Volksaufstand» auf. Vollenweider geht es mit seiner «Bürgerbewegung.ch» ausdrücklich auch um die Zuwanderung. Diese dürfe nicht noch jahrelang weiter politisch bewirtschaftet werden – zum Gedeih gewisser Gruppierungen, aber zum Schaden der Schweiz.
Er stelle sich gegen die «Pseudo-Lösung Lex Müller. Das ist eine wirkungslose Farce.» Die eklatante Missachtung des Volkswillens sei der beste Nährboden für radikale Bewegungen aller Art. Zutiefst «frustrierte Wutbürger» würden mental in den Untergrund abtauchen und ihren Widerstand nicht nur verbal zum Ausdruck bringen.
Schwierige Unterschriftensammlung
Die SVP distanziert sich vom Referendum, obwohl auch sie von Verfassungsbruch sprach. Die Partei hat sich aber früh auf den Standpunkt gestellt, dass man nicht gegen die Nicht-Umsetzung einer Initiative ein Referendum ergreifen könne.
Die SVP arbeitet stattdessen auf eine Kündigung des Freizügigkeitsabkommens hin. Die SVP-nahe Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (Auns) hat bereits eine entsprechende Initiative angekündigt.
Mittel sind beschränkt
Unterstützt wird das Referendum zur MEI-Umsetzung einzig von den Schweizer Demokraten. Aber die Mittel der vier Referendumskomitees sind beschränkt. Für Bürger ohne Geldgeber und ohne eine grosse Partei im Rücken sei es alles andere als einfach, 50'000 Unterschriften zu sammeln, sagte Nenad Stojanovic.
«Unser gemeinsamer Nenner ist, dass wir eine Abstimmung wollen», sagt Stojanovic. «Danach werden sich unsere Wege trennen.» Sandra Bieri rief «alle echten Demokraten, ob Linke, Rechte oder Unpolitische» dazu auf, Unterschriften zu sammeln und zu spenden. Bis jetzt wurden erst rund 1100 Unterschriften gesammelt. Für ein gültiges Referendum müssen die 50'000 Unterschriften bis zum 7. April beisammen sein.