Im Kampf gegen Pendlerstaus will der Bundesrat Kantonen oder Gemeinden örtlich und zeitlich begrenzte Versuche im Mobility Pricing ermöglichen. Das Grundprinzip: Je nachdem, zu welchem Zeitpunkt man unterwegs ist und wie viel man fährt, würde die Benutzung von Strasse oder Schiene mehr oder weniger kosten.
Mehrere Städte sind interessiert
Ob das funktioniert, möchten mehrere Kantone und Städte wissen. Zürich, Basel, Bern oder Biel haben beim Bund Interesse angemeldet, auch für Pilotprojekte. Und ernteten damit teilweise einen kleinen Sturm der Entrüstung.
Gerade Städte seien interessiert, zu erfahren, ob Verkehrsspitzen mit unterschiedlichen Tarifen gebrochen werden könnten, erklärt die Direktorin des Schweizerischen Städteverbandes, Renate Amstutz: «Es gibt deshalb interessierte Städte in dieser sehr kontroversen Diskussion, weil die am stärksten belasteten Verkehrsabschnitte in Städten und Agglomerationen liegen.»
Das sei kein Ja zu einer definitiven Einführung von Mobility Pricing, aber zu befristeten Versuchsprojekten. Erkenntnisse daraus sollen zur Versachlichung der Diskussion beitragen, hofft Amstutz.
Blosse Symptombekämpfung?
Klar «Nein» sagt hingegen die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete. Mobility Pricing sei bloss Symptombekämpfung, findet ihr Direktor Thomas Egger. Zu lösen sei das Problem, indem mehr Arbeitsplätze in ländlichen Gebieten geschaffen würden.
Die Pandemie habe ohnehin gezeigt, dass arbeiten auch vom Land aus gehe. «Wir haben es ja erlebt, dass viele Leute plötzlich gesagt haben, ich ziehe grundsätzlich aufs Land – sei es temporär, indem ich mir ein Chalet kaufe, oder sogar dauerhaft mit einer Eigentumswohnung im Berggebiet oder im ländlichen Raum», so Egger.
Skeptisch gegenüber Mobility Pricing ist auch der Schweizerische Gemeindeverband. Denn Städte wie etwa Bern möchten nur den Motorverkehr in ihre Pilotprojekte einbeziehen, nicht aber den öffentlichen Verkehr.
Mobility Pricing müsste aber alle Verkehrsträger betreffen, sagt der Direktor des Gemeindeverbands, Christoph Niederberger: «Das ist eine grosse Angst von vielen Gemeinden, die Mitglieder in unserem Verband sind: dass neue Strassen- oder Brückenzölle in Städten entstehen – also dass man etwas zahlen muss, um überhaupt in die Kernstadt zu gelangen.»
Vorlage dürfte es schwer haben
Reisst Mobility Pricing Stadt und Land auseinander? Städteverbands-Direktorin Renate Amstutz entgegnet, dass Verkehr alle etwas angehe. Zwar belaste er vor allem Städte. «Aber die Verkehrsträger werden von allen genutzt. Und wenn wir alle auf eine gute Art mobil sein können, dann betrifft das die ganze Bevölkerung.»
Die Vernehmlassung zur Mobility-Pricing-Vorlage ist soeben zu Ende gegangen – später ist das Parlament am Zug. Dort dürfte es die Vorlage in dieser Form schwer haben. Dass sie versuchsweise reines Road-Pricing ermöglicht, also Pilotprojekte, die nur den motorisierten Individualverkehr und nicht auch den öffentlichen Verkehr einbeziehen, lehnen etwa SVP, FDP und die Mitte ab.