Gino Caspari ist Archäologe an der Uni Bern. Er bringt sein Wissen via Instagram gleich selber unter seine mehr als 100'000 Follower. «Ich habe das eigentlich als Experiment angefangen, weil mir einige Kollegen gesagt haben, du hast doch ein interessantes Leben, dafür könnten sich ein paar Leute interessieren. Und dann ist das plötzlich gewachsen.»
Sein Blog sei, so Caspari, «mittlerweile ein Netzwerk-Knotenpunkt, den Leute für verlässliche archäologische Informationen anlaufen können». Das funktioniere aber nur langfristig. «Die Leute folgen einem Account und lernen Stück für Stück, wie diese Dinge funktionieren.»
So entstehe eine Vertrauensbasis zwischen dem Publikum und dem Wissenschafter, sagt Caspari – und ein Dialog. Freilich haben nicht alle Forschenden die Zeit, einen so grossen Aufwand für die Übersetzung ihrer Arbeit in die Alltagssprache zu betreiben. Zudem hätten längst nicht alle Menschen Zeit und Lust, solche Blogs zu lesen und gar mitzudiskutieren, sagt Mike Schäfer, Professor an der Uni Zürich.
«Der Grossteil der Bevölkerung interessiert sich für wissenschaftliche Themen eher aus der Ferne. Viele haben das Gefühl, das ist sicher etwas, was wichtig ist, aber nicht unbedingt etwas, das viel mit ihnen selbst zu tun hat», sagt der Experte für Wissenschaftskommunikation.
Wichtige Aufgabe der Medien
Wer sich nur am Rande oder zufällig mit Wissensthemen befasse, könne oftmals auch nicht einordnen, wie seriös eine Information tatsächlich sei, gerade im Internet, so Schäfer. «Dass an bestimmten Stellen Informationen, die wissenschaftlich abgesichert sind, neben Informationen stehen, die dies nicht sind, ist Teil des Problems.»
Es reicht einfach nicht mehr, seriös und verlässlich zu informieren.
Dabei spielten die Medien eine immer wichtigere Rolle, sagt Susanne Wille von SRF Kultur. «Ich stelle fest, dass sich der journalistische Auftrag neu akzentuiert hat – auch mit der Pandemie.» Sie müssten noch stärker gewichten, erläutern, einordnen. «Es reicht einfach nicht mehr, seriös und verlässlich zu informieren.» Es sei zunehmend auch die Aufgabe der Medien, zu sagen, warum eine Information falsch oder aus dem Kontext gerissen sei. «Oder zu sagen, was man noch nicht weiss.»
Dabei spielten neue digitale Angebote eine immer wichtigere Rolle. «Wir haben zwar reichweitenstarke Sendungen, aber es geht auch darum, dass wichtige wissenschaftsjournalistische Inhalte im Netz jederzeit auffindbar sind. Deshalb haben wir in gebündelte Angebote investiert, dank derer man jederzeit das Wichtigste zu Corona abrufen kann», so Wille.
Verlagerung auf andere Plattformen
So könnten die Medien ein Gegengewicht setzen zu wissenschaftlich umstrittenen Angeboten, die im Netz kursierten, erklärt Schäfer. Denn Facebook oder Twitter würden umstrittene Inhalte zwar mit Warnhinweisen versehen oder sie gar löschen. Doch damit sei das Problem nicht gelöst. Denn das habe bloss dazu geführt, «dass problematische Anbieter auf Kanäle ausgewichen sind, die nicht ohne weiteres zugänglich sind, wie Messenger, Whatsapp und Telegram. Oder auf Plattformen, die die Moderation von Inhalten nicht zulassen.»
Es ist ein schwieriger Kampf.
Hier sei die Wissenschaft gefordert. «Es ist wichtig, dass auch auf diesen Plattformen verlässliche Inhalte verfügbar sind, dass man damit dort auch sichtbar ist, wo es möglicherweise kontroverse Diskussionen gibt. Aber es ist ein schwieriger Kampf.» Sich solchen Diskussionen zu stellen, sei wichtiger denn je. Dabei seien die Forschenden darauf angewiesen, dass ihnen die Universitäten den Rücken stärken und sie unterstützen.