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Martine Ruggli: Rezept der obersten Apothekerin gegen Engpässe
Aus Tagesgespräch vom 17.10.2024. Bild: KEYSTONE/Christian Beutler
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Medikamentenmangel im Winter Pharmasuisse-Präsidentin: «Massiver Medikamenten-Engpass droht»

Mit der kalten Jahreszeit könnte es mehr fehlende Medikamente in Apotheken geben. Martine Ruggli vom Apothekerverband Pharmasuisse fordert als Massnahme höhere Preise für die billigsten Arzneimittel.

Martine Ruggli

Apothekerverband Pharmasuisse

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Martine Ruggli ist Präsidentin des Schweizerischen Apothekerverbands Pharmasuisse.

SRF News: Sie sagen, im Winter drohe ein massiver Mangel an Medikamenten. Was bedeutet das?

Es fehlen zwischen 700 und 1000 Medikamente. Seit einigen Jahren verschlechtert sich die Situation. Covid oder der Krieg in der Ukraine spielen hier eine wichtige Rolle. Im Winter sind viele Menschen zur gleichen Zeit krank. Deswegen werden die Engpässe für Medikamente, die stark nachgefragt werden, in dieser Saison massiv sein.

Die Engpässe für Medikamente, die stark nachgefragt werden, werden massiv sein.

Zum Beispiel fehlen sehr viele Antibiotika, was für die Bevölkerung ein grosses Problem werden kann. Die Lieferketten sind instabiler und Medikamente fehlen längerfristig. Früher hatten wir kurze Engpässe, heute fehlen sie ein halbes Jahr oder gar zwei Jahre.

Es fehlen vor allem billige Medikamente. Ist dies die Auswirkung jahrelanger Bestrebungen, die Preise zu senken? 

Ja, bei einem Drittel der Medikamente, die weniger als 20 Franken kosten, bestanden letztes Jahr Lieferengpässe. Der Druck auf die Preise war europaweit. Die Industrie verlagerte die Herstellung nach China und Indien. Dies führte dazu, dass diese Medikamente häufiger fehlen. Von den teuren Medikamenten über 2800 Franken sind nur ein Prozent betroffen. 

Die Bevölkerung weiss das und zahlt lieber ein paar Rappen mehr pro Tablette.

Eine Initiative fordert, dass billige Medikamente teurer werden. Geht das zulasten der Kassen und Patienten?

Zwei Prozent aller Medikamente verursachen die Hälfte der Kosten, zum Beispiel teure Medikamente gegen Krebs. Fast 50 Prozent der Packungen kosten unter 20 Franken. Wenn wir nun die sehr günstigen Medikamente verteuern, spielt dies keine Rolle bei der Prämienentwicklung.

Es handelt sich um Medikamente, die oft nachgefragt werden und auch unter den Selbstbehalt fallen können. So trifft es doch wieder die Kundschaft.

Ja, es trifft sie schon, aber die Versorgungssicherheit hat ihren Preis. Ohne Antibiotika haben wir ein viel grösseres Problem. Ich bin sicher, die Bevölkerung weiss das, und zahlt lieber ein paar Rappen mehr pro Tablette, damit wir das Antibiotikum zur Verfügung haben.

Apotheken können selbst Arzneimittel herstellen. Machen sie das genügend? 

Wenn wir die Substanzen erhalten, können wir die Medikamente in der Apotheke herstellen, zum Beispiel Kindermedikamente. Aber eine industrielle Herstellung können wir nicht ersetzen. Das Problem ist der Tarif. Dieser wurde seit 30 Jahren nicht angepasst. Das ist Aufgabe des Bundesamtes für Gesundheit, doch der Prozess verzögert sich immer wieder. 

Wer ein rezeptpflichtiges Medikament kauft, muss für Beratung und Medikamentencheck bezahlen. Pharmasuisse wollte diese Pauschale durch eine leistungsorientierte Abgabe ersetzen. Wo steht dieses Unterfangen? 

Die Pauschale wurde 2001 eingeführt und bezahlt die Arbeit der Apothekerin. Sobald sie ein Rezept in die Hand nimmt, muss sie überprüfen, ob die Dosis stimmt, die richtigen Medikamente vermerkt sind, damit es keine Interaktionen gibt. Sie muss den Patienten informieren und die Packung beschriften. Es war klar, dass der Aufwand nicht immer gleich gross ist. Wir haben 2019 eine Studie gemacht, um den Aufwand für wiederholte Abgaben zu eruieren. Pharmasuisse hat dem Bund neue, variable Tarife zur Prüfung vorgelegt. Wir hoffen, dass wir auf Anfang 2025 oder spätestens Anfang 2026 neue, abgestufte Tarife haben.

Das Gespräch führte Karoline Arn.

Tagessgespräch, 18.10.2024, 13:00 Uhr ; 

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