Regierungsmitglieder von sieben Ostschweizer Kantonen haben sich gegen Verschiebungen oder Streichungen von Ausbauprojekten im Bahnverkehr ausgesprochen: «Die aktuellen Pläne sind weder nachvollziehbar noch akzeptabel», hiess es an einer Medienkonferenz am Montag.
Worum geht es? Das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) hat diesen Sommer seinen Bericht zu den Ausbauprogrammen für die Bahninfrastruktur vorgestellt. Der Regionalverkehr in den Agglomerationen und Vororten soll ausgebaut werden – von den Vollknoten Lausanne und St. Gallen sei jedoch abzusehen. Fast zeitgleich informierten die SBB, dass wegen technischer Probleme mit der Wankkompensation die Doppelstock-Neigezüge auf das schnelle Fahren in Kurven verzichten.
Was sind die Folgen? Der Entscheid der SBB hat grosse Auswirkungen für die Ostschweiz: Ohne die Wankkompensation kann die Fahrzeit zwischen Zürich und St. Gallen nicht deutlich unter eine Stunde gesenkt werden, der Vollknoten fällt weg. Das bedeutet für die Passagiere schlechtere Anschlüsse und grössere Zeitverluste. Die Folgen der technischen Probleme mit den Zügen müssten nun «planerisch kompensiert» werden, hiess es an der Medienkonferenz.
Der Bund schlägt zudem vor, auf den Erhalt des Knotens Schaffhausen zu verzichten und Anschlusskonzepte auf den Netzen der Appenzeller Bahnen, der Rhätischen Bahn und der Frauenfeld-Wil-Bahn zu streichen.
Was fordert die Ostschweiz? Geld für die Beschleunigung auf der Strecke Winterthur-St. Gallen, Aufnahme von Vorinvestitionen für ein Abzweigebauwerk Richtung Südostschweiz im Zimmerbergtunnel 2, zwischen Thalwil und Zug. Und weiter Geld für den Viertelstundentakt auf der Linie Frauenfeld-Wil, seien in die Botschaft aufzunehmen, die im Frühling 2023 im Parlament beraten wird. Weitere Forderungen betreffen die Botschaft, die 2026 vors Parlament kommt.
Westschweiz mit im Boot
Da auch der Vollknoten Lausanne gestrichen werden soll, hat sich eine Allianz zwischen den Ostschweizer und den Westschweizer Kantonen gebildet. Diese zeigt sich auch in der Verkehrskommission des Ständerats. Sie fordert in einer Motion vom Bundesrat bis 2026 Massnahmen für den Bau neuer Bahnstrecken auf der Ost-West-Achse.
In den Kantonen Schaffhausen, St. Gallen, Thurgau, beiden Appenzell, Glarus und Graubünden wohnen gut 1.1 Millionen Menschen. Sie seien nicht nur direkt von den Entscheiden betroffen, hiess von den Regierungen. Auch Anschlussprojekte in den einzelnen Kantonen seien mit den aktuellen Plänen des Bundes gefährdet oder gar Makulatur.
Schneller in den Alpstein oder ins Bündnerland
«Wenn es schon am Zürichsee klemmt, dann bringt es auch nichts, wenn die Rhätische Bahn jetzt die grösste Rollmaterialanschaffung aller Zeiten plant», sagte der Bündner Regierungsrat Mario Cavigelli. Der Anschluss an den Zimmerbergtunnel 2 bei Thalwil in Richtung Graubünden sei zwingend. Dieser Meinung sind auch die Glarner.
Appenzell Inner- und Ausserrhoden setzen ihrerseits auf den Vollknoten St. Gallen, um auch selber die Verbindungen ins Appenzellerland verbessern zu können.
Die Regierungsvertreter unterzeichneten im Anschluss an die Medienkonferenz eine gemeinsame Vernehmlassungsantwort, in der sie auf den Ausbauschritten bestehen.