Wenn Kinder und Jugendliche ohne erwachsene Familienmitglieder in die Schweiz flüchten und Asyl verlangen, sprechen die Behörden von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden (UMA). In den vergangenen zwei Jahren hat sich die Zahl dieser UMA in der Schweiz fast verfünffacht – auf 2450 Personen. Es sind vor allem junge Afghanen.
Das setzt die Behörden unter Druck. Denn Minderjährige sollen getrennt von den erwachsenen Asylsuchenden untergebracht werden und haben Anspruch auf Bildungs- und Freizeitangebote. Nach dem Bund sind nun auch die Kantone gefragt. Sie haben beschlossen, in einer Arbeitsgruppe Lösungen zur Unterbringung und Betreuung von Minderjährigen zu suchen.
Dies zeige, dass Bund und Kantone vor der gleichen Situation stünden, sagt Gaby Szöllösy, Generalsekretärin der Kantonalen Konferenz der Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK): «Es ist schwierig, bei dieser grossen Zahl an Personen, die kommen, Unterkünfte zu finden, wie auch genügend qualifiziertes Personal.»
Weil UMA eine andere Betreuung als Erwachsene brauchen, will die SODK jetzt eine Arbeitsgruppe einsetzen, in der auch Fachleute aus Kinderschutzbehörden und Flüchtlingshilfswerken Einsitz nehmen. Es geht dabei auch um die Suche nach Mitarbeitenden, die nicht primär als Sozialpädagogen arbeiten, sondern auch beispielsweise um Zivildienstleistende.
Geflüchtete oder Pflegefamilien könnten mithelfen
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) begrüsst diese Arbeitsgruppe und hofft auf längerfristige Lösungen. SFH-Mediensprecherin Eliane Engeler regt zudem als kurzfristige Massnahme an: «Man sollte auch geflüchtete Personen in die Betreuung von unbegleiteten Kindern miteinzubeziehen. Vielleicht hat es unter geflüchteten Personen auch Lehrkräfte, die man vorübergehend einsetzen kann und so überbrücken kann.»
Denkbar wäre für sie auch, dass Gastfamilien die Rolle von Pflegefamilien übernehmen. Interessierte hätten sich bereits bei der Flüchtlingshilfe gemeldet, sagt Engeler. Allerdings müssen Familien, die Jugendliche bei sich aufnehmen wollen, ein Aufnahmeverfahren zur Pflegefamilie durchlaufen und brauchen von der Kinderschutzbehörde eine Erlaubnis. «Diese Familien müssten ausgebildet werden. Wir sind jetzt daran, zu schauen, wie diese Idee umgesetzt werden kann», sagt Engeler.
Mehr Sozialpädagoginnen gesucht
Die Flüchtlingshilfe wünscht sich ausserdem eine Ausbildungsoffensive im Bereich der Sozialpädagogik. Auf Bundesebene fehlen derzeit einige Dutzend Fachpersonen. Darum reduzierte das Staatssekretariat für Migration (SEM) bei Jugendlichen über 16 Jahren die Betreuung.
Das sei willkürlich und verstosse gegen die UNO-Kinderrechtskonvention, kritisierte die Flüchtlingshilfe. Ende April bezeichnete SEM-Sprecher Daniel Bach dies gegenüber SRF als Einzelfälle: «Das war eine Notfallmassnahme, als wir gesagt haben, dass wir uns darauf konzentrieren, dass die älteren UMA etwas weniger intensiv betreut werden. Aber immer in Absprache mit den Sozialpädagoginnen.»
Doch die Behörden rechnen weiterhin mit steigenden Asylzahlen. Deshalb braucht es wohl weitere Notlösungen neben den pragmatischen Lösungen im Umgang mit den hauptsächlich männlichen jugendlichen Asylsuchenden. Vorschläge zuhanden der Kantone soll die Arbeitsgruppe bis im Spätsommer vorlegen.