Cyberkriminalität, Betrug im Netz – das ist ein weltweites Problem. Auch in der Schweiz gibt es immer mehr Cyberdelikte: zum Beispiel Einkäufe mit gestohlenen Kreditkarten, Online-Investmentbetrug oder Erpressungsversuche.
Im Kanton Aargau soll die Polizei nun Personal aufstocken können. Die Zeichen standen in der ersten Beratung im Parlament am Dienstag gut dafür. Nur: Können die Cyberfachleute im Kampf gegen internationale Banden etwas ausrichten?
Vielseitige und komplexe Angriffe
Bis 2028 will die Aargauer Polizei rund 100 zusätzliche Personen einstellen, darunter Fachleute für Cyberkriminalität. Für 2025 geht es erst mal um 45 Stellen. Der Entscheid fällt am nächsten Dienstag im Grossen Rat. Polizeidirektor Dieter Egli erklärt den erhöhten Personalbedarf mit der tiefen Polizeidichte im Aargau. Also, dass es pro Kopf im Vergleich zu anderen Kantonen wenig Polizisten gibt.
Hinzu kämen zwei weitere Faktoren, sagt Egli: «Der Aargau wächst und wächst, das bedeutet mehr Delikte und mehr Ermittlungen. Zudem werden Ermittlungen immer komplexer.»
Bei fast jeder Ermittlung müsse die Polizei Daten von Mobiltelefonen auswerten, das brauche Spezialfachleute und -wissen, so Dieter Egli weiter.
Es brauche einen Ausbau des Kompetenzzentrums Cybercrime. Das bedeutet mehr Personal, Weiterbildungen, mehr Mittel zur Bekämpfung von Cyberkriminalität und einen Ausbau der Kooperationen, damit man internationalen Banden auch erwischt.
Wir möchten nicht, dass private Dienstleister in Polizeibereiche vorstossen.
Auch der Grüne Grossrat und Mitglied der zuständigen Kommission Maurus Kaufmann ist für mehr Polizeipersonal: «Der Bestand der Polizei ist im Aargau im Vergleich tief. Wir möchten nicht, dass private Dienstleister in Bereiche vorstossen, die die Polizei machen sollte.»
Polizei hinkt hinterher, sagt Expertin
Ermittlungen im Cyberbereich sind auch mit mehr Personal nicht einfach. Die Strafverfolgung ist an Landesgrenzen gebunden. In der Schweiz sogar an die Kantonsgrenzen.
Gemäss Schweizer Recht sind die Strafverfolgungsbehörden jenes Ortes zuständig, an dem die Tat verübt worden ist. Andere Polizeien dürfen erst informiert werden, wenn offiziell eine Untersuchung eröffnet worden ist.
Internetdelikte sind aber häufig Massendelikte. Das heisst, dass eine Täterschaft viele Menschen und Institutionen in unterschiedlichen Kantonen schädigt. «Bis geklärt ist, welche Behörde sich um den Fall kümmert, geht wertvolle Zeit verloren. Gerade bei Cyberdelikten wäre es aber wichtig, möglichst schnell zu reagieren», erklärte SRF-Gerichtskorrespondentin Sibilla Bondolfi Anfang Jahr.
Mehr als «nur» Strafverfolgung, sagt Polizei
Polizistinnen, die sich mit Cyberbetrugsdelikten befassen, hätten nicht nur die Strafverfolgung als Ziel, heisst es bei der Aargauer Kantonspolizei auf Anfrage.
Es gehe auch um Prävention und um Gefahrenabwehr. Auch das Auswerten der digitalen Spuren benötige Zeit und Personal, das betreffe längst nicht nur Cyber-Delikte.
Anders als in anderen Kantonen sei man im Aargau zuversichtlich, genug Cyberexpertinnen und -experten zu finden, heisst es bei der Aargauer Kantonspolizei. «Die grosse Resonanz auf externe Stellenausschreibungen für Cyber-Ermittlerinnen und -Ermittler stimmt uns zuversichtlich», sagt Daniel Wächter, Mediensprecher der Kantonspolizei.
Zudem habe man Aspirantinnen und Aspiranten mit Ausbildungen im Bereich Informatik. Sie versuche man zu behalten.