Das Wichtigste in Kürze
- Die Kriminalität im Internet nimmt immer grössere Ausmasse an. Die Ressourcen zu deren Verfolgung reichen nicht aus in der Schweiz.
- Jetzt stellen die Schweizer Staatsanwälte, die Kantonspolizeien, das Bundesamt für Polizei und die Bundesanwaltschaft eine gemeinsame Forderung.
- Die Bekämpfung von Internetkriminalität soll künftig neu konzentriert werden in einem Bundeslagezentrum und in einigen wenigen regionalen Kompetenzzentren.
Dies erklärt Bundesanwalt Michael Lauber in der «Samstagsrundschau» von Radio SRF. Für Lauber ist die Bekämpfung der Cyber-Kriminalität eine besondere Herausforderung, weil sie global und entgrenzt ist. «Doch unsere Justizorgane arbeiten in engen Grenzen – das geht nicht ineinander hinein.»
Die Schweizerische Staatsanwälte-Konferenz, die Konferenz der kantonalen Polizeikommandanten, das Bundesamt für Polizei und die Bundesanwaltschaft haben sich nun auf die gemeinsame Idee des Bundeslagezentrums sowie der regionalen Kompezenzzentren verständigt.
Beweise schneller sichern
«Es braucht Regionalzentren, die Polizeien befürworten diese. Auf Stufe Bund braucht es jedoch ein Bundeslagezentrum. Staatsanwälte und Polizei sollen dort unter einem Dach schnelle Entscheide treffen», führt Lauber aus.
Wenn zum Beispiel Hackerangriffe in Grossbritannien ganze Spitäler lahmlegen und dabei eine Spur in die Schweiz führen sollte, dann wäre ein solches Zentrum Ansprechpartner. Es könnte viel schneller als heute Beweismittel sichern und den Briten übermitteln.
Ein solches Zentrum für eine überkantonale Zusammenarbeit wäre in der föderalistisch verfassten Strafverfolgung völlig neu. Doch Fachleute sprechen sich eindeutig dafür aus. Jetzt müssen noch die Kantone einwilligen. «Die nächste Phase ist, dass die Vereinigung der Polizeikommandanten und die Vereinigung der Staatsanwälte ein Papier ausarbeiten und dieses den Regierungen unterbreiten», so Lauber.
Auch Gesetzesänderungen nötig
Tatsächlich sind die Cybercrime-Strafermittler bei Bund und Kantonen am Anschlag. Wird im Internet beispielsweise mit Phishing Kreditkartenbetrug begangen, so werden die geschädigten Kunden bisher oft durch die Banken kulant entschädigt.
Allein bei den sechs Cybercrime-Experten der Bundesanwaltschaft stapeln sich über 450 Phishing Fälle. Verzichten die Banken auf ihr bisheriges Entgegenkommen, würden die Strafverfolgungsbehörden zusammenbrechen.
Bei diesen neuen Cybercrime-Kompetenzzentren bliebe ein grosses Problem ungelöst. Die Zuständigkeit. Ein Beispiel: Nach aufwendigen Ermittlungen hat die Bundesanwaltschaft letztes Jahr einen Fall von Kreditkartenbetrug vor das Bundesstrafgericht gebracht. 133'000 Kreditkartenbesitzer wurden betrogen. Aber nur 3600 Opfer kamen aus der Schweiz.
Das Gericht kann nur die Fälle mit den Schweizer Opfern beurteilen. Das Strafmass erfasst somit nur einen Bruchteil des Schadens. So kann die Schweiz ihre Verpflichtungen aus der Cybercrime-Konvention nicht wahrnehmen, sagt Bundesanwalt Michael Lauber. So braucht der Bundesanwalt nicht nur mehr Experten und neue Kompetenzzentren. Sondern auch Gesetzesänderungen, wenn man Ernst machen will mit der Cybercrime Konvention. Auch da hinkt die Schweiz hinterher.