In den Schweizer Städten herrscht grosse Wohnungsnot. Eine mögliche Verbesserung soll das verdichtete Bauen schaffen. Neue Zahlen der Zürcher Kantonalbank zeigen nun aber, dass das vorderhand ein Wunsch bleibt. Im Gegenteil: Die Baugesuche für Mietwohnungen in den Städten sind im zweiten Halbjahr 2018 drastisch eingebrochen.
In Genf wurden beispielsweise zwei Drittel weniger Baugesuche bewilligt, in Zürich ein Drittel weniger und in Basel und Lausanne um die 20 Prozent weniger als im gleichen Zeitraum 2017. In ländlichen Gegenden hingegen wird weiter wie wild gebaut – dort, wo niemand mieten will.
Wenn verdichteter gebaut wird, verursacht dass natürlich auch Kosten.
Hohe Kosten
Ursina Kubli leitet bei der ZKB die Abteilung Immobilien-Research. Einen Grund für den Bau-Krebsgang in den Städten sieht sie darin, dass die Städte zurückhaltend seien im Ermöglichen von verdichteten Quartieren.
Freies Land ist in den Städten ja nicht mehr vorhanden. Um dichter zu bauen, müssen bestehende Bauzonen sogenannt aufgezont werden. «Wenn verdichteter gebaut wird, verursacht das natürlich auch Kosten», so Kubli. Diese Kosten, die die Städte scheuen, würden sich aus vielen Faktoren zusammensetzen. «Es sind mehr Menschen, die da wohnen. Es braucht Strassen, Anbindungen an den öffentlichen Verkehr.»
Wenn gute Projekte rauskommen, hilft das sicherlich, den Leuten gewisse Ängste vor verdichtetem Bauen nehmen zu können.
Um diese Kosten abzudecken, schlägt die ZKB vor, dass jene, denen das Bauland gehört, überall in der Schweiz eine gleich hohe Abgabe zahlen. Die Begründung: Bauzonen, auf denen man verdichtetes Bauen erlaubt, sind plötzlich viel mehr wert. Diese Abgabe nennt sich Mehrwertabgabe – an bestimmten Orten gibt es sie schon. Aber eben nicht überall und oft zu tiefen Sätzen, findet Kubli.
Weniger Skepsis vor verdichtetem Bauen
Für die Spezialistin ist diese Mehrwertabgabe nicht nur ökonomisch sinnvoll, sondern bezweckt noch etwas anderes: «Wenn gute Projekte rauskommen, hilft das sicherlich auch, den Leuten gewisse Ängste vor verdichtetem Bauen nehmen zu können.»
Die verdichteten Wohnprojekte würden in der Bevölkerung mehr Akzeptanz erhalten, weil die indirekte Mehrwertabgabe nicht etwa in den allgemeinen Haushalt fliesst, sondern in den Quartieren investiert wird, wo verdichtet gebaut wird. Zum Beispiel für Grünanlagen, Horte, Schulen und so weiter.
Die Stadt Singapur zeigt, dass das Instrument funktioniert. Die Stadt schöpft seit den 90er-Jahren 70 Prozent ab. An einem sehr hohen Satz haben die Baulandbesitzer natürlich keine Freude. Sie müssen die Abgabe ja bezahlen. Ist sie zu hoch, hält sie das eventuell davon ab, verdichtete Bauprojekte umzusetzen. Aber: «Ist der Satz zu gering, könnten die Gemeinden zurückhaltend sein mit Aufzonungen», so Kubli.
Wo der richtige Satz für diese Abgabe liegt, damit in den Städten verdichteter gebaut wird, darüber wird zum Beispiel im Kanton Zürich zur Zeit heftig gestritten.