Aktuell betreut die Stiftung «Wendepunkt» 46 jugendliche Flüchtlinge, die in Wohngemeinschaften leben. Während die unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden – kurz UMA – früher in grösseren Unterkünften mit 50 bis 70 anderen untergebracht waren, leben sie heute zu viert in einer Wohnung.
«In der vorherigen Unterkunft hatte es viele Menschen, es war häufig laut», erzählt einer der Jugendlichen. «Vor allem nachts gab es immer wieder Lärm und Radau.»
Ganz anders sei das Leben in der WG: «Es ist wirklich besser. Es ist viel ruhiger und ich kann mich konzentrieren und Hausaufgaben machen.»
Unterbringung soll Integration vorantreiben
In der Wohngemeinschaft könnten die Jugendlichen zur Ruhe kommen, betont auch Ottavio Di Grassi, der das Projekt UMA bei der Stiftung Wendepunkt leitet.
Die Wohngemeinschaft ist das ideale Sprungbrett für die Integration.
In den grösseren Unterkünften, wo es kaum Privatsphäre und Rückzugsmöglichkeiten gibt, sei es schwierig, sich weiterzuentwickeln, betont Di Grassi. «Darum bietet die Wohngemeinschaft das ideale Sprungbrett für die Integration.»
Die Jugendlichen lernen, wie der Alltag in der Schweiz funktioniert, und müssen Verantwortung übernehmen. Das Ziel: Sie sollen die Sprache lernen, die Schule besuchen und eine Ausbildung absolvieren.
Welche Jugendliche in eine Wohngruppe wechseln, ist nicht zufällig. Das Kennenlernen sei wichtig, betont Günter Marz, der beim kantonalen Sozialdienst im Aargau für UMA zuständig ist. «Wir suchen Personen aus, die verantwortungsbewusst handeln, sich kooperativ verhalten und zuverlässig sind.»
Wie weiter nach der Volljährigkeit?
Aktuell können Jugendliche auch nach ihrem 18. Geburtstag in der Wohngruppe der Stiftung Wendepunkt bleiben. Das, weil es in den Gemeinden derzeit kaum freie Plätze gibt. Wie es nach der Volljährigkeit weitergeht, ist für Marz aber ein ungelöstes Problem: «Wir machen uns die Mühe, die Jugendlichen zu integrieren und wenn sie 18 Jahre alt sind, ist plötzlich fertig.»
Aktuell wird geprüft, ob im Aargau eine Begleitung in den bestehenden Strukturen bis zum Alter von 22 Jahren ermöglicht werden soll.
Wie die Weiterführung über die Volljährigkeit hinaus funktionieren kann, zeigt unter anderem der Kanton Schwyz: Das Projekt «Phase II+» ist speziell auf junge Erwachsene ausgerichtet. Die Flüchtlinge wohnen in dieser Zeit in der Wohnstruktur der Gemeinde. Die Gemeinden – respektive die jungen Erwachsenen – werden dabei von einem Integrationscoach unterstützt.
In der Stadt Zürich läuft derzeit ein Pilotprojekt. Nach dem Erreichen der Volljährigkeit können die Flüchtlinge in eine Wohngruppe wechseln und werden so während einer Übergangsphase weiter begleitet.
WGs für Asylsuchende: ein schweizweiter Trend
Dass sich das System mit den Wohngemeinschaften bewährt, zeigt auch der schweizweite Trend: «Die meisten Kantone gehen in diese Richtung», sagt Jris Bischof, Fachbereichsleiterin Migration bei der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren Sodk. Bischof betont: «Es ist essenziell, dass die Flüchtlinge vor dem 18. Geburtstag auf die Volljährigkeit vorbereitet und Anschlusslösungen besprochen werden.»
Die Sodk hat aufgrund der hohen Anzahl an minderjährigen Asylsuchenden die Empfehlungen an die Kantone überarbeitet und wird diese in Kürze publizieren. Das Wohnen in kleinen Gruppen und die Übergangsphase nach der Volljährigkeit sind zwei wichtige Punkte des überarbeiteten Dokuments.