- Ein 30-jähriger Zürcher hat zu Unrecht einen Covid-Kredit in der Höhe von 80'000 Franken bezogen.
- Das Bezirksgericht Dietikon hat den Unternehmer zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 12 Monaten und einer Geldbusse verurteilt.
- Es ist das erste solche Gerichtsurteil im Kanton Zürich und eines der ersten der Schweiz.
Im letzten Frühling hatte der junge Zürcher den Nothilfe-Kredit des Bundes bei seiner Bank beantragt. Dabei hatte der Inhaber einer Gebäudetechnikfirma einen viel zu hohen Umsatz von 800'000 Franken angegeben.
Die Staatsanwaltschaft warf dem Unternehmer Betrug und Urkundenfälschung vor: Gemäss Anklageschrift hatte der Mann lediglich 15'000 Franken Umsatz pro Jahr erzielt. Seine Angaben seien «erstunken» und «erlogen» gewesen, argumentierte die Staatsanwältin.
Der Angeklagte habe den ergaunerten Kredit weiter nicht in sein Unternehmen gesteckt. Sondern private Schulden, Betreibungen und Krankenkassenprämien bezahlt. Die Staatsanwaltschaft forderte deshalb eine bedingte Freiheitsstrafe von einem Jahr.
Missbrauch laut Richter «zutiefst asozial»
Der Angeklagte stritt vor Gericht nicht ab, den Kredit erschwindelt zu haben. Damit habe er seine Firma retten wollen: Er sei so stark verschuldet gewesen, dass er sogar gehungert habe. Heute bereue er seine Tat. Der Verteidiger plädierte darauf, seinen Mandanten vom Vorwurf des Betruges und der Urkundenfälschung freizusprechen. Die Bank hätte die Falschangaben ganz einfach überprüfen können.
Dieser Argumentation folgte das Gericht nicht: Es verurteilte den Mann zu einer bedingten Freiheitsstrafe von einem Jahr. Zusätzlich kassierte er eine Busse von 2000 Franken und muss den Kredit fast vollumfänglich zurückzahlen. Der Richter hielt fest, der Angeklagte habe eine Krisensituation ausgenutzt, der Missbrauch sei «zutiefst asozial». Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Schweizweit nicht der einzige Fall
Bei dem Prozess handelte es sich um den ersten Covid-Kreditbetrug, über den sich ein Zürcher Gericht beugte. In Luzern wurde kürzlich ein 35-jähriger Bauunternehmer in einer ähnlichen Causa verurteilt: Er kassierte eine Gefängnisstrafe, weil er unrechtmässig einen Covid-Kredit ergaunert hatte.
Weitere Gerichtsfälle dürften bald zu reden geben: Allein im Kanton Zürich ermitteln Staatsanwaltschaft und Polizei in über 250 Missbrauchsfällen. Die Staatsanwaltschaft schreibt auf Anfrage von SRF, die Ermittlungen seien aufwändig: «Die Zürcher Strafverfolger investieren viel Energie und Ressourcen in die Bekämpfung dieses Kriminalitätsphänomen.»
Die mutmassliche Deliktsumme liegt im Kanton Zürich bei 42 Millionen Franken. Dieser Betrag entspricht 1.5 Prozent des Kreditvolumens, welches insgesamt an Zürcher Firmen geflossen ist.
In einem ähnlichen Verhältnis stehen die Kredit-Missbrauchsfälle in St. Gallen: Insgesamt wurden Kredite in der Höhe von 786 Millionen Franken an St. Galler Firmen vergeben – rund 3.4 Millionen Franken könnten mutmasslich an Betrügerinnen oder Betrüger geflossen sein. Die Staatsanwaltschaft beschreibt diese Summe gemessen am gesamthaft ausbezahlten Kreditvolumen als «Bruchteil».
Dennoch sei jeder Betrugsfall einer zu viel, heisst es auf Anfrage: Die Betrügerinnen und Betrüger «schaffen so ein allgemeines Misstrauen gegenüber Personen, die einen Kredit beziehen».