Bisher galt bei den bürgerlichen Parteien im Hinblick auf Verhandlungen mit der EU über ein neues institutionelles Abkommen: Der Lohnschutz in der Schweiz soll erhalten bleiben, die flankierenden Massnahmen sollen weder ab- noch ausgebaut werden.
Wenn man Lohnschutz und Einwanderung in die Sozialwerke in den Griff bekommen will, braucht es wohl einen Ausbau der flankierenden Massnahmen.
Nun sagt Mitte-Präsident Gerhard Pfister gegenüber SRF: «Um das Lohnniveau zu schützen, braucht es einen Ausbau der flankierenden Massnahmen. Ich fordere Wirtschaftsminister Guy Parmelin auf, dazu Gespräche mit den Sozialpartnern aufzunehmen.»
Nach Einschätzung Pfisters hat sich die Haltung in der Wirtschaft dazu verändert. «Man ist offener als noch vor einem Jahr, weil man eingesehen hat: Wenn man Lohnschutz und Einwanderung in die Sozialwerke in den Griff bekommen will, braucht es wohl einen Ausbau der flankierenden Massnahmen.»
Schweiz will Spielraum bei Sondierungen mit EU berücksichtigen
Von einem Bekenntnis zu zusätzlichen flankierenden Massnahmen soll, wie man hinter den Kulissen hört, auch im Schlussbericht von alt Staatssekretär Mario Gattiker die Rede sein. Er lotete im Auftrag des Bundesrates innenpolitische Handlungsspielräume aus. Der Bundesrat teilte am Freitag mit, die aufgezeigten Spielräume und Lösungsansätze würden «in den weiteren Sondierungen mit der EU berücksichtigt».
Es braucht einen breiten, inländischen Konsens darüber, dass wir den Lohnschutz in der Schweiz aufrechterhalten wollen.
Mit zusätzlichen flankierenden Massnahmen sollen insbesondere die Gewerkschaften wieder ins Boot geholt werden. «Es braucht einen breiten, inländischen Konsens darüber, dass wir den Lohnschutz in der Schweiz aufrechterhalten wollen», sagt Pfister. «Wenn wir das haben, bin ich überzeugt, dass auch grosse Fortschritte in den Verhandlungen mit der EU möglich sind.»
Gewerkschaften und Gewerbeverband wollen Lohnschutz ausnehmen
Sowohl die Gewerkschaften als auch der Gewerbeverband wollen den Lohnschutz von einer dynamischen Rechtsübernahme und vom Einfluss des europäischen Gerichtshofes integral ausnehmen – was für die EU bisher nicht infrage kam. Zusätzliche flankierende Massnahmen sollen deshalb dazu beitragen, allfällige negative Folgen einer Dynamisierung im Inland abzufedern.
Wie erfolgversprechend dieser Vorschlag und wie breit eine allfällige Unterstützung dafür in der Wirtschaft ist, lässt sich im Moment schwer abschätzen. Der Arbeitgeberverband jedenfalls teilte auf Anfrage mit, man habe die eigene Position nicht verändert.
Unter flankierenden Massnahmen versteht man beispielsweise Kontrollen zur Verhinderung von Lohndumping. Denkbare zusätzliche flankierende Massnahmen wären etwa deutlich höhere Bussen bei Verstössen oder ein noch strengeres Kontrollregime auf Baustellen.