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Unispital Genf will Covid-Überwachung effizienter machen
Aus Tagesschau vom 15.09.2024.
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Monitoring von Corona Unispital Genf warnt vor Blindflug bei Grippe und Corona

Seit Ende August liefern die Spitäler keine Daten über Grippe- und Corona-Fälle mehr an den Bund. Der Bund hat ein Programm eingestellt, das während der Pandemie als Frühwarnsystem diente. Das Unispital Genf akzeptiert den Entscheid nicht und zieht ein eigenes System auf.

Im Büro von Jason Toko riecht es förmlich nach Zahlen. Hier laufen die Daten über Hospitalisationen, Intensivbehandlungen oder Todesfälle am Universitätsspital Genf (HUG) herein.

Aussenansicht des Universitätsspitals Genf.
Legende: Das Genfer Unispital geht beim Monitoring von Krankheiten eigene Wege. SRF

Er programmiert ein System, das in Echtzeit einen Überblick über Grippe-, Corona- und Erkrankungen mit dem RS-Virus bietet. «Wir haben jetzt eine komplett automatisierte und sehr anpassungsfähige Lösung», sagt der Informatiker. Früher – also während der Pandemie – habe es einen manuellen Teil gegeben, bei dem ein Team die Daten manuell eingeben musste.

Wir starten einen Blindflug, wenn wir nicht wissen, wie viele Leute schwer erkranken, auf Intensivstationen liegen oder sterben.
Autor: Stephan Harbarth Unispital Genf

So arbeite man Hand in Hand. Und das Ziel, den Angestellten so viel Zeit wie möglich zu ersparen, um effizienter und effektiver zu werden, sei erreicht, betont Toko. «Das bedeutet auch, dass man schneller bei den Patienten ist und manchmal sogar Leben retten kann.»

Mann sitzt vor geöffnetem Laptop in einem Büro.
Legende: Das von Jason Toko programmierte System führt im HUG zu mehr Effizienz und Zeitersparnis. srf

Genf in einer Vorreiterrolle

Professor Stephan Harbarth setzt grosse Hoffnungen in Tokos Projekt. Der Infektiologe bedauert sehr, dass das Bundesamt für Gesundheit (BAG) Ende August das schweizweite Spitalmonitoring von Grippe- und Corona Erkrankungen einstellte. «Wir starten einen Blindflug, wenn wir nicht wissen, wie viele Leute schwer erkranken, auf Intensivstationen liegen oder sterben.»

Mit dem automatisierten Monitoring möchte der Chefarzt der Spitalhygiene am HUG eine Vorreiterfunktion einnehmen, wie sie das Universitätsspital bereits vor 20 Jahren mit dem Vorgängermodell innehatte.

Die Schweiz ist eine Wüste, was die Erhebung und Nutzung von Gesundheitsdaten angeht. SRF hat sich unter Spezialisten umgehört. Fehlende Digitalisierung, Kantönligeist, Furcht vor dem Überwachungsstaat und der geringe Stellenwert von Prävention verhindern eine breite und gezielte Nutzung von Gesundheitsdaten.

Arzt im weissen Kittel an einem Schreibtisch vor einem Computer.
Legende: Der Chefarzt der Spitalhygiene, Stephan Harbarth, ist überzeugt, dass das im HUG eingeführte System unter Umständen Leben retten kann. SRF

Damit hinkt die Schweiz Ländern wie etwa Grossbritannien oder Dänemark um Jahre hinterher. Dabei wäre die Erhebung von Daten wichtig als Frühwarnsystem und Planungsgrundlage.

Ohne das BAG läuft nichts

Professor Harbarth hofft nun, dass sich andere Spitäler seinem verbesserten System anhängen. «Es wäre natürlich sehr wichtig und vorteilhaft, dass wir jetzt mit unserem System die anderen Spitäler auch wieder reinholen.» Eine handvoll Spitäler wäre schon viel besser als gar keine.

Eine solide schweizweite Lösung und eine zentrale Auswertung von Daten seien aber ohne das BAG wegen Datenschutzfragen nur schwer vorstellbar.

Grünes Plakat in einem Schaufenster mit Impfaufruf vor einem geparkten Auto.
Legende: Die Pandemiebekämpfung am Universitätsspital in Genf wird dank eines neuen Programms effizienter. srf

Das BAG lässt in einer Stellungnahme durchblicken, dass es auch nicht glücklich ist über das Aus des schweizweiten Spitalmonitorings.

In einer schriftlichen Stellungnahme weist es darauf hin, dass es sich um ein befristetes Monitoring gehandelt habe, das aus finanziellen Gründen und «insbesondere aufgrund der beschränkten Automatisierung und des hohen Ressourcenbedarfs» nicht weitergeführt werden könne.

Moderne, nationale Plattform «Digisanté» geplant

Laut BAG ist aber nun geplant, im Rahmen des Programms Digisanté eine «moderne, nationale Plattform für die Überwachung und Meldung übertragbarer Krankheiten zu schaffen». Die Revision des Epidemiengesetzes soll dafür bis in ein paar Jahren die rechtliche und finanzielle Grundlage schaffen. Gut möglich, dass das Programm vom Jason Toko am HUG dem Bund als Vorlage für die nationale Plattform dienen wird.

Tagesschau, 15.09.24, 19:30 Uhr

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