- Dem Nationalrat bereiten die absehbaren strukturellen Defizite im Bundeshaushalt Sorgen.
- Die Fraktionen streiten sich, wie darauf reagiert werden soll. Die einen wollen die Ausgaben in vielen Bereichen kürzen, andere das Instrument der Schuldenbremse anpassen.
In der allgemeinen Aussprache zur Budgetdebatte verliefen die Diskussionen zum Voranschlag 2023 verhältnismässig ruhig ab. Das liegt daran, dass das Budget für das kommende Jahr noch mit der Schuldenbremse konform ist.
Anders sieht die mittelfristige Zukunft aus. «Ab 2024 sind die Vorgaben der Schuldenbremse nicht eingehalten», sagte Anna Giacometti (FDP/GR), Sprecherin der Finanzkommission des Nationalrats (FK-N). Sie wiederholte, was Finanzminister Ueli Maurer seit Monaten immer wieder predigt: «Es besteht dringender Bereinigungsbedarf.» Bundesrat und Parlament müssten sofort handeln.
Steuererhöhungen sind laut Giacometti keine Option, weil es dafür eine Verfassungsänderung bräuchte. Die Ansichten, wie auf die schwierige Haushaltslage reagiert werden soll, gehen je nach Fraktion aber deutlich auseinander.
Auf der Suche nach der Diamantenmine
Die SVP plädiert dafür, Prioritäten zu setzen, wie es Fraktionssprecher Lars Guggisberg (BE) ausdrückte. Das Ausgabenwachstum bei der internationalen Zusammenarbeit oder beim Bundespersonal müsse gebremst werden, «sonst schlagen wir unsanft auf dem Boden der Realität auf».
Heute befindet sich die Schweiz laut Guggisberg finanzpolitisch im freien Fall. Verantwortlich dafür sei nicht SVP-Finanzminister Maurer, sondern das Parlament, das sich «wie in einem Selbstbedienungsladen» verhalte. Das sei, wie wenn man im Restaurant ein üppiges Essen bestelle, und nicht wisse, wie man das bezahlen wolle.
«Keine Sparwut angezeigt»
Weniger dramatisch sieht es die SP. Die Mehrbelastungen ab 2024 seien «nicht besonders beunruhigend», sagte Fraktionssprecherin Sarah Wyss (BS). Der Sanierungsbedarf sei erheblich, aber nicht ausserordentlich. Die Schuldenquote sei im internationalen Vergleich noch immer tief. «Deshalb ist keine Sparwut angezeigt.» Vor allem Kürzungen beim Bundespersonal lehne die SP ab.
Auch die Grünen können mit dem «ritualisierten Wehklagen» der bürgerlichen Parteien wenig anfangen. Felix Wettstein (Grüne/SO) monierte, das sei doppelzüngig und scheinheilig, wenn es von jenen komme, die mit ihren Entscheidungen dazu beigetragen haben, dass die Schweiz auf ein strukturelles Defizit hinsteuere. Der Beschluss etwa, das Armeebudget aufzustocken, sei fatal. Denn militärische Aufrüstung sei trotz Krieg in der Ukraine das «Verkehrteste, was wir tun können.»
Roland Fischer (LU) kritisierte im Namen der GLP-Fraktion das Instrument der Schuldenbremse. Dass Schulden nur in ausserordentlichen Situationen zulässig seien, sei nicht sinnvoll. Das System der Schuldenbremse müsse «etwas wachstumskonformer» ausgestaltet werden. Die sich abzeichnenden Defizite seien an sich kein Problem, sagt Fischer weiter. «Die Bundesfinanzen sind noch immer im Lot.»
Ausgabendisziplin ist das Wort der Stunde
Heinz Siegenthaler (Mitte/BE) analysierte nüchtern die finanzpolitische Lage: Das Einnahmenwachstum habe in den vergangenen Jahren das Parlament dazu verführt, Mehrausgaben zu genehmigen. Nun wüchsen die Steuereinnahmen weniger schnell als auch schon. Deshalb sei nun Ausgabendisziplin angezeigt.
Der Nationalrat beschäftigt sich in den nächsten drei Tagen mit dem Bundesbudget. Jetzt werden konkrete Ausgabenposten diskutiert.