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Munitionsfabrik vor dem Aus? Beretta-Konzern droht mit Ende der Munitionsproduktion in Thun

Vor zwei Jahren hat der Bund die Munitionsfirma Ruag Ammotec an den italienischen Beretta-Konzern verkauft. Nun droht dieser mit Abzug aus der Schweiz. Das Verteidigungsdepartement VBS versucht, den Schritt abzuwenden und hat seine Munitionsbestellung erhöht.

Rund 380 Mitarbeitende stellen in den Fabrikhallen der SwissP Defence in Thun Munition her, zum Beispiel für das Sturmgewehr der Schweizer Armee. SwissP Defence, das ist die ehemalige Ruag Ammotec. Vor zwei Jahren wurde der Bundesbetrieb privatisiert und an den italienischen Beretta-Familienkonzern verkauft. Jetzt droht sie mit der Schliessung der Fabrik in Thun.

SwissP bestätigt Recherchen von Radio SRF und schreibt, sie habe Kontakt aufgenommen mit dem Verteidigungsdepartement VBS: «Wir haben angezeigt, dass der wirtschaftlich nachhaltige Betrieb des Produktionsstandortes in Thun mit der erforderlichen Fertigungstiefe nicht mehr gewährleistet ist.» Als Gründe nennt SwissP eine «zunehmend restriktive Handhabung von Exportgenehmigungen», aber auch die Schweizer Armee: Diese kaufe weniger Munition ein: «Es ist zutreffend, dass sich Bestellungen der Schweizer Armee für Kleinkalibermunition über die letzten Jahre spürbar rückläufig entwickelt haben», schreibt SwissP.

Mann an Fliessband für Munitionsherstellung
Legende: Ob die rund 400 Arbeitsplätze in Thun erhalten werden, ist mit der Androhung des Beretta-Konzerns ungewiss. Keystone/Symbol

VBS reagiert und bestellt mehr Munition

Für Rüstungsschef Urs Loher sind das schlechte Nachrichten. Der Chef des Bundesamts für Rüstung Armasuisse will die Rüstungsindustrie stärken und ausbauen . «Für uns ist Swiss P ein zentrales Unternehmen im Bereich der Kleinkaliber-Munition», sagt Loher in der SRF-Samstagsrundschau . Das VBS und Swiss P führen Gespräche, um einen Abbau oder gar die Schliessung des Standorts Schweiz in Thun zu verhindern.

Dabei ist das VBS der Firma entgegengekommen und hat die Bestellungen fürs nächste Jahr erhöht. Rüstungschef Loher bestätigt: «Wir haben die Bestellmengen noch einmal angeschaut und kommen jetzt wieder auf die Mengen von früher.» Das Verteidigungsdepartement von Bundespräsidentin Viola Amherd kauft also mehr Munition ein als eigentlich geplant.

Wegen Finanzproblem wollte Armee weniger bestellen

Wegen der Finanzprobleme der Armee hatte sie die Munitionskäufe reduziert. Erst Ende August hatte der Bundesrat auf Frage eines Parlamentariers noch bekräftigt, das VBS werde «aufgrund der angespannten Lage des Bundeshaushaltes» im kommenden Jahr voraussichtlich weniger bestellen . Nun also die Kehrtwende. Ob das reichen wird, um einen Abbau oder eine Schliessung der Munitionsproduktion in Thun zu verhindern, ist offen: «Das, was wir dazu beitragen können, das werden wir dazu beitragen», sagt Rüstungschef Loher.

Swiss P erklärt, es sei das gemeinsame Bestreben aller Beteiligten, die Versorgungsautonomie der Schweiz für Kleinkalibermunition auch in der Zukunft zu gewährleisten. Die Firma gehe davon aus, bald wieder Rahmenbedingungen geschaffen zu haben, die den Standort Thun wirtschaftlich absichere. Was das bedeutet, führt Swiss P nicht aus.

Beretta gab beim Kauf Standortgarantie ab

Beim Verkauf des damaligen Bundesbetriebs Ruag Ammotec an die Beretta-Holding vor zwei Jahren hatte sich die italienische Käuferin verpflichtet, den Standort Thun mit rund 400 Arbeitsplätzen für mindestens fünf Jahre zu erhalten. Die Schliessungs-Drohung stellt dieses Versprechen in Frage. Ob Swiss P, beziehungsweise Beretta, bei einem Bruch der Verpflichtung durch Schliessung oder Personalabbau rechtlich belangt werden könnte, liess Rüstungschef Loher in der Samstagsrundschau offen.

Samstagsrundschau, 19.10.2024, 11.30 Uhr, SRF 1

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