Zum Inhalt springen
Audio
Drei Deutsche wegen mutmasslicher Spionage für China festgenommen
Aus SRF 4 News vom 22.04.2024. Bild: keystone
abspielen. Laufzeit 8 Minuten 14 Sekunden.

Mutmassliche Spione verhaftet Spionageversuche: Geht Deutschland schärfer gegen China vor?

In Deutschland sind drei Personen mit deutscher Staatsbürgerschaft wegen des Verdachts auf Spionage für den chinesischen Geheimdienst festgenommen worden. Erst vor wenigen Tagen wurden bereits zwei mutmassliche russische Saboteure verhaftet. Claudia Kade, Politikchefin bei der deutschen Zeitung «Welt», zu den Hintergründen.

Claudia Kade

Ressortleiterin Politik bei der «Welt»

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Claudia Kade ist seit 2017 als Ressortleiterin Politik bei der deutschen Tageszeitung «Die Welt» tätig. Sie ist regelmässig Gast in Talkshows.

SRF News: In Deutschland gab es in den letzten Tagen mehrere Spionagefälle. Was ist los in Deutschland?

Claudia Kade: Deutschland ist in eine neue Rolle gekommen, vor allem, wenn wir über russische Spionage reden. Deutschland ist die zweitgrösste Waffenliefernation an die Ukraine. Das heisst, sie rückt auch stärker in den Fokus russischer Geheimdienste. Wenn wir über chinesische Spionage reden, dann ist Deutschland auch unter einem starken Druck seiner internationalen Partner.

Vor allem die USA erwarten, dass Deutschland eine stärkere Wachsamkeit an den Tag legt.

Vor allem die USA erwarten, dass Deutschland eine stärkere Wachsamkeit an den Tag legt, sensibler agiert und auch eine härtere Gangart vor allem gegen chinesische Spionageversuche einschlägt. Diese Fälle, die wir jetzt erleben, sind eben Teil dieser zweifachen Veränderungen der deutschen Rolle – einerseits im internationalen Kontext und andererseits eben auch der eigenen Wachsamkeit, die erhöht wird.

Der deutsche Geheimdienst hat innerhalb kurzer Zeit gleich zwei Spionagefälle aufgedeckt oder verhindert. Wie bewerten Sie diese Leistung, insbesondere nach den jüngsten Festnahmen?

Leistung ist ein gutes Stichwort. Ich denke, dass die deutschen Geheimdienste, sowohl der Inlands- als auch der Auslandsgeheimdienst, ein bisschen unter Zugzwang stehen. Denn wir haben hier in Deutschland gerade einen Prozess gegen einen Mitarbeiter des Bundes­nachrichten­dienstes, also des Auslandsgeheimdienstes, und gegen einen Komplizen von ihm. Dieser Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes soll direkt aus dem Geheimdienst heraus Unterlagen nach Russland weitergegeben haben.

Da geht es auch ein bisschen darum, dass die deutschen Sicherheitsbehörden und Geheimdienste mal wieder zeigen, dass sie Schlagkraft haben.

Das ist natürlich ein Worst Case und eine Blamage eigentlich für den Nachrichtendienst. Da geht es auch ein bisschen darum, dass die deutschen Sicherheitsbehörden und Geheimdienste mal wieder zeigen, dass sie Schlagkraft haben und dass sie auch Dinge selbst proaktiv aufdecken können. Nachdem eben dieser wirklich sehr krasse Fall von mutmasslicher Spionage jetzt vor Gericht ist.

Deutsche sollen für China spioniert haben

Box aufklappen Box zuklappen

Wegen Spionageverdachts für China hat die Bundesanwaltschaft drei Deutsche festnehmen lassen. Die beiden Männer und eine Frau sollen in Deutschland Informationen über Militärtechnik beschafft haben, um sie an den chinesischen Geheimdienst weiterzugeben, wie die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe mitteilte. Zum Zeitpunkt der Festnahmen hätte sich die Beschuldigten in Verhandlungen über Forschungsprojekte befunden, die insbesondere zum Ausbau der maritimen Kampfkraft Chinas nützlich sein könnten. Laut Generalbundesanwalt sind die Festgenommenen, «dringend verdächtig, seit einem nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt vor Juni 2022» spioniert zu haben.

Beamte des Bundeskriminalamts hatten die drei Verdächtigen in den westdeutschen Städten Düsseldorf und Bad Homburg festgenommen. Wohn- und Arbeitsplätze der drei seien durchsucht worden, berichtete die Bundesanwaltschaft.

Würden Sie sagen, dass die aktuellen Verhaftungen allenfalls auch so verstanden werden, dass Deutschland nun doch einen schärferen Kurs gegen China fahren will?

Ich denke schon. Deutschland will ja seine Abhängigkeiten von China im wirtschaftlichen Kontext eindämmen und ist damit übrigens von politischer Seite nicht ganz auf demselben Kurs wie die deutsche Wirtschaft das sieht. Die politische Seite, konkret die Bundesregierung, will die Abhängigkeiten eigentlich stärker verringern als die deutschen Wirtschaftsvertreter das eigentlich umsetzen wollen.

Dass die deutschen Behörden jetzt sozusagen vorangehen und sagen: ‹Wir meinen das wirklich ernst, was die Politik da möchte, wir setzen das um, wir gehen tatsächlich schärfer und wachsamer vor gegen chinesische Spionageversuche›, ist eben auch ein Signal an die Wirtschaftsvertreter zu sagen: ‹Wir nehmen das ernst, bitte tut das ebenfalls und denkt ebenfalls darüber nach, wie man sich tatsächlich vor Abhängigkeiten vom chinesischen Regime schützt›.

Wie lässt sich Wissenabfluss an Unis verhindern?

Box aufklappen Box zuklappen

«Die Problematik von Wissensabfluss aus Deutschland nach China, die gibt es hier schon länger, beschäftigt die Universitäten, die es betrifft, schon sehr lange», so Kade. «Man ist eigentlich nicht richtig vorangekommen, dieses Dilemma aufzulösen. Denn es ist sehr schwierig für deutsche Universitäten, die Forscher aus China zu Gast haben oder auch zum Teil ausgebildet haben, die dann wieder zurück in die Volksrepublik gehen, so zu durchleuchten, dass da mögliche Verflechtungen zum chinesischen Regime oder eben auch zum Militär in China aufgedeckt werden. In Deutschland gibt es schon länger eine Diskussion darüber, wie man die deutschen Universitäten dabei unterstützen kann, solche Verflechtungen, die ja von chinesischer Seite möglichst eben verdeckt stattfinden und verdeckt auch eingefädelt wurden, aufzudecken. Da sind die deutschen Universitäten nach eigenen Angaben eigentlich überfordert, das bei jedem Wissenschaftler, mit dem sie kooperieren, nachzuweisen oder auszuleuchten.»

Das Gespräch führte Can Külahcigil.

Info 3, 22.04.2024, 17:00 Uhr ; 

Jederzeit top informiert!
Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.
Schliessen

Jederzeit top informiert!

Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Mehr

Push-Benachrichtigungen sind kurze Hinweise auf Ihrem Bildschirm mit den wichtigsten Nachrichten - unabhängig davon, ob srf.ch gerade geöffnet ist oder nicht. Klicken Sie auf einen der Hinweise, so gelangen Sie zum entsprechenden Artikel. Sie können diese Mitteilungen jederzeit wieder deaktivieren. Weniger

Sie haben diesen Hinweis zur Aktivierung von Browser-Push-Mitteilungen bereits mehrfach ausgeblendet. Wollen Sie diesen Hinweis permanent ausblenden oder in einigen Wochen nochmals daran erinnert werden?

Meistgelesene Artikel