- Ein weiterer Fall eines Übergriffs durch einen bereits verwarnten Ballett-Probeleiter wird bestätigt.
- Dem besagten Probeleiter wurde in der Folge gekündigt.
- Bühnen Bern will nun die Betriebskultur prüfen und Massnahmen ergreifen, um «ein gewaltfreies Miteinander» zu garantieren.
Seit Wochen steht das Berner Stadttheater massiv in der Kritik. Die Gründe: Belästigungsvorwürfe, ein Hin und Her im Umgang mit dem Beschuldigten und eine sehr zögerliche Kommunikation. Nun präsentierte Bühnen Bern am Mittwoch die Ergebnisse einer Untersuchung.
Grenzverletzungen an Premiere-Partys
Im Zuge dieser neuen Untersuchung berichtete eine Mitarbeiterin von übergriffigem Verhalten des bereits verwarnten Probeleiters. Die klaren Grenzverletzungen hätten an Premiere-Partys stattgefunden und seien von Drittpersonen bestätigt worden.
Den Probeleiter habe man umgehend fristlos entlassen. «Das Vertrauen war schwer zerrüttet. Die Mitarbeiterin, welche die Grenzüberschreitung erleben musste, hat unsere volle Unterstützung», erklärt Intendant Florian Scholz.
Die Untersuchungen waren vor gut einem Monat eingeleitet worden. Es war bereits die zweite Untersuchung in Zusammenhang mit dem besagten Probeleiter.
Kündigung «nicht adäquat»
Ende September berichteten Tänzerinnen in der Wochenzeitung «Zeit» von sexueller Belästigung am Berner Stadttheater. Vorwürfe mit Vorgeschichte, wie die Berichterstattung zeigte. Bereits letztes Jahr seien hinter den Mauern des Stadttheaters nämlich Vorwürfe gegen den Probeleiter des Ballettensembles laut geworden.
Der beschuldigte Probeleiter war in der Folge für zwei Monate freigestellt worden. Eine externe Untersuchung bestätigte damals verbale sexuelle Übergriffe.
Trotzdem durfte der Beschuldigte zunächst Probeleiter am Stadttheater bleiben. Denn: Körperliche Belästigung hatte es laut Untersuchungsbericht nicht gegeben. Der Probeleiter erhielt also eine zweite Chance. Allerdings informierte das Stadttheater die Stadt Bern darüber nicht, obwohl es gemäss Leistungsauftrag dazu verpflichtet gewesen wäre.
Wie die Öffentlichkeit erfuhr auch die Stadt Bern erst durch die Berichterstattung von den Vorwürfen. Ein Fehler, wie die Verantwortlichen am Mittwochnachmittag vor den Medien zugaben. Die Weiterbeschäftigung des Probeleiters sei aber korrekt gewesen, eine Kündigung zum damaligen Zeitpunkt «nicht adäquat», so Stiftungsratspräsidentin Nadine Borter.
Vor einer Woche dann der nächste Knall: Das Onlinemagazin «Hauptstadt» deckte auf, dass der besagte Probeleiter mittlerweile fristlos entlassen worden ist. Wieder wurden die Informationen nur via Medien publik. «Wir wollten die Ergebnisse der Untersuchung abwarten, bevor wir an die Öffentlichkeit konnten», rechtfertigt Intendant Florian Scholz die kommunikative Zurückhaltung.
So geht es nun weiter
Wie Bühnen Bern an der Medienkonferenz am Mittwochnachmittag bekräftigt, will man nun alle Aspekte der Betriebskultur überprüfen und präventive Massnahmen erarbeiten. «Der Kampf gegen übergriffiges Verhalten muss nun starten», so Isabelle Bischof, Direktorin von Bern Ballett. «Für mich ist klar, dass sich etwas an den Strukturen ändern muss.»
Dafür holt sich Bühnen Bern mit der kantonalen Fachstelle für Gleichstellung auch externe Hilfe. Stiftungsratspräsidentin Nadine Borter sagt: «Wir wollen ein Arbeitsumfeld, bei dem sich alle Mitarbeitenden äussern können, wenn etwas nicht stimmt.»