Was ist der Stein des Anstosses? In der jüngsten Ausgabe des «Einsiedler Anzeigers» bekundet ein Inserat Sympathien mit der AfD, respektive mit ihrem politischen Aushängeschild Alice Weidel. Unterzeichnet hat dieses Oswald Rohner, ein Einsiedler, der bis Mitte 2022 dort Einzelrichter war. Pikant: Im Inserat gibt sich Rohner mehrfach als Repräsentant der Einsiedler Bevölkerung. An die Adresse von Alice Weidel schreibt er etwa: «Wir Einsiedler wünschen Ihnen viel Kraft in Ihrem weiteren politischen Wirken in Deutschland.» Die AfD wird vom deutschen Verfassungsschutz in Teilen als rechtsextrem eingestuft.
Was hat Alice Weidel mit Einsiedeln am Hut? Die Politikerin wohnt seit 2018 mit ihrer Partnerin und zwei Kindern im Bezirk Einsiedeln. Ihren Hauptwohnort hat sie in Überlingen in Deutschland. Aufgrund von Weidels Kandidatur für das deutsche Bundeskanzleramt kam es am 22. Februar in Einsiedeln zu einer Demonstration «Gegen den Rechtsruck».
Wie hängen die Demonstration und das Inserat zusammen? An der bewilligten Kundgebung in Einsiedeln nahmen laut der Kantonspolizei Schwyz rund 250 Menschen teil. Der Anlass löste eine unbewilligte Gegendemonstration mit mehreren hundert Teilnehmenden aus; rund 1000 Schaulustige verfolgten die Veranstaltungen aus der zweiten Reihe. Gemäss Inserent Oswald Rohner war «die Solidarität der Einsiedler» mit Alice Weidel und ihrer Familie «riesig»; die «Einsiedler Bevölkerung» habe die «ungebetene linke Horde ausgepfiffen».
Wie reagieren die Einsiedler Behörden? Eine Distanzierung ist laut Bezirksammann Hanspeter Egli nicht geplant. «Im Normalfall reagieren wir weder auf Leserbriefe noch auf Inserate, wie in diesem Fall», sagt er auf Anfrage von Radio SRF. «Vielmehr versuchen wir, mit der betreffenden Person oder Gruppierung Kontakt aufzunehmen und die Fragen auf diesem Weg zu klären.» Der Grund für diese Taktik: «Erfahrungen aus früheren Jahren zeigen: Das öffentliche Hin-und-Her-Schreiben bringt der Bevölkerung nichts.»
Wie ordnet der Bezirksrat die Demonstration ein? «Einsiedeln ist sich solche Veranstaltungen nicht gewöhnt. Und ich hoffe auch, dass wir uns nie daran gewöhnen müssen», sagt Bezirksammann Hanspeter Egli. Die Kundgebung habe der Bevölkerung Sorgen bereitet. «Aber ich hörte auch von vielen Menschen, dass der Bezirksrat die Situation gut gemeistert und Einsiedeln keinen Schaden davon getragen habe.» Der Bezirksrat habe letzte Woche alle Parteien zu einem Austausch eingeladen, sagt Egli. «Am Schluss der Veranstaltung standen keine offenen Fragen mehr im Raum.»
Wo sieht der Bezirksrat Handlungsbedarf? In den Augen des Bezirksrats sei der Bevölkerung zu wenig klar, was Meinungsfreiheit bedeute, sagt Hanspeter Egli. Eine Behörde könne eine Demonstration nicht einfach unterbinden, indem sie den Anlass nicht bewillige. «Wir sind froh, wenn wir entsprechende Anfragen erhalten.» Denn so könne sich der Bezirk auch vorbereiten. Eine Bewilligung für eine Demonstration sei überdies nicht mit einer Bewilligung für ein Fest zu vergleichen, die ein halbes Jahr Vorlauf benötige. In einer nächsten Ausgabe des «Einsiedler Anzeigers» plant der Bezirksrat dazu eine Stellungnahme.