Fast 5000 Kilometer, 50'000 Höhenmeter, extreme Temperaturen bis zu 50 Grad, kaum Schlaf, wenig Pausen: Das «Race Across America» ist das härteste Velorennen der Welt. Es führt von der West- bis an die Ostküste. Den Gesamtsieg vor Augen, stürzte Ultra-Radrennfahrerin Nicole Reist zweimal, brach sich das Schambein und mehrere Rippen. Nach einem medizinischen Check und nachdem sie den ersten Schock verarbeitet hatte, ging es nach vier Stunden Pause weiter.
«Radfahren, Radfahren, Radfahren...»
Schliesslich erreichte sie das Ziel, trotz ihrer Verletzungen, als schnellste Frau. In der Gesamtwertung reichte es nicht mehr für den Sieg, sie wurde Dritte. Eine ausserordentliche Leistung, für Nicole Reist aber nicht ausserordentlich genug.
Drei Wochen später treffen wir Nicole Reist, sie geht an Krücken: «Ich muss das Becken noch etwas schonen.» Es klingt wie eine Entschuldigung, dabei ist es erst drei Wochen her, dass sie sich das Schambein gebrochen hat. Weil sie nicht trainieren konnte, hatte sie für einmal viel Zeit für Familie und Freunde. «Das tat auch gut.»
Ich hoffe, der Körper sagt ja.
Jetzt aber, wäre sie wieder parat. Sie vermisst das Velo. Sonst sitzt sie während praktisch 365 Tagen auf dem Rad. Als Hobby gibt sie auf ihrer Website an: «Radfahren, Radfahren, Radfahren...» Sie hat deshalb ein klares Ziel vor Augen: Sie will beim nächsten Mal auch die letzten 300 Kilometer so zu Ende fahren, wie das restliche Rennen. Als sie auf Siegeskurs war.
Ich habe noch nie so gelitten wie auf diesen letzten 200 Meilen. Es war ein einziger Kampf, das härteste Rennen meines Lebens.»
Doch weshalb tut sie sich das an? Kurz nach dem Rennen sagte sie gegenüber SRF, sie habe noch nie so gelitten wie in diesem Rennen.
Das Ziel: 2024 wieder antreten – und gewinnen
Zuerst hätten die Schmerzen dominiert, erzählt Nicole Reist. Danach die Enttäuschung. Die Enttäuschung, dass sie den Gesamtsieg nicht geschafft hatte. Deshalb sei die Zahl 2024 fest in ihrem Kopf. «Ich will die Geschichte noch fertig schreiben, die ich in Amerika angefangen habe. Das ist es, was mich motiviert.»
Sie plant deshalb auch schon wieder für die nächsten Rennen. Das «Race Around Austria» wird sie ausfallen lassen müssen. Die «Tortour», das Rennen um die Schweiz, hofft sie noch, fahren zu können. Der Körper werde entscheiden, ob sie dieses Jahr noch fahren könne. «Ich hoffe, der Körper sagt ja».