Seitdem sich der Bundesrat Ende Juni 2021 für den F-35 als neues Kampfflugzeug für die Schweizer Armee entschieden hatte, herrschte zwischen Paris und Bern Eiszeit. Frankreichs Regierung goutierte nicht, dass der Bundesrat sie hingehalten hatte – offenbar auch noch, als der Entscheid in Bern bereits gefallen war.
Frankreich war brüskiert. Französische Minister waren seither für direkte bilaterale Treffen mit Schweizer Bundesräten nicht mehr zu haben. Nun also kam es nach bald anderthalb Jahren Pause zu einem ersten Treffen – und dies auf höchster Ebene.
Empfang nicht selbstverständlich
Dass Frankreichs Präsident Emmanuel Macron Bundespräsident Ignazio Cassis zu einem Gespräch empfangen hat, ist ein Erfolg für die Schweizer Diplomatie. Selbstverständlich war dies nämlich nicht. Auch wenn absehbar war, dass Frankreich die bilaterale Eiszeit nicht ewig aufrecht halten würde.
Denn im Verhältnis der beiden Nachbarn Frankreich und Schweiz geht es nicht nur um Gefühle: «Staaten haben keine Freunde, nur Interessen», der Satz wird Frankreichs ehemaligen Präsidenten Charles De Gaulle zugeschrieben. Er trifft den Kern jeder Aussenpolitik.
Beziehung war abgekühlt, aber nicht eingefroren
Frankreich und die Schweiz haben viele gemeinsame Interessen, die sie regeln müssen, vor allem im Grenzbereich und in der Handelspolitik. So war der Kontakt zwischen Bern und Paris auch während der bilateralen Eiszeit nicht vollständig abgebrochen. Aber die Beziehungen auf Regierungsebene waren empfindlich gestört. Und diese Kontakte sind wichtig, weil sich Lösungen für schwierige Probleme oft erst auf diesem Niveau finden.
Er sei sich mit Präsident Macron einig, es brauche in der Beziehung einen Neuanfang, sagt Bundespräsident Cassis nach dem Gespräch. Damit verbindet sich die Hoffnung, dass, wenn Präsident Macron dieser Meinung ist, auch die Regierung unter Premierministerin Elisabeth Borne mitzieht. Denn Frankreichs Regierung funktioniert vertikal, der Präsident gibt den Takt vor.
Immerhin ein Dialog
Nach dem Treffen der Präsidenten dürften die Kontakte zwischen den Regierungen wieder Fahrt aufnehmen. Wie schnell dies sein wird, und ob sie die Qualität aus der Zeit vor der Kampfflugzeug-Krise erreichen, dies wird sich erst mittelfristig zeigen.
Das Fazit im Moment: Sie reden wieder direkt miteinander, immerhin. Über die Qualität der Beziehungen sagt dies noch wenig aus. Dass sich Nachbar Frankreich künftig im Rahmen der EU als Fürsprecher für Schweizer Anliegen verwenden wird, wie im Rahmen der Flugzeugbeschaffung diskutiert, wird dagegen unwahrscheinlich. Und wenn, geht es nicht um Freundschaftsdienste, sondern richtet sich nach den jeweiligen Interessen Frankreichs. So, wie es schon De Gaulle formulierte.