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Nach schockierenden Mordfällen Bundesrat will gefährliche Straftäter härter anpacken

Die Fälle Lucie, Marie und Adeline haben die Politik alarmiert. Nun sollen Lücken im Strafrecht geschlossen werden.

Unbegleiteten Ausgang für einen verwahrten Täter: Das soll es nicht mehr geben, fordert der Bundesrat. So sollen verwahrte Täter und Täterinnen, die im geschlossenen Vollzug sitzen, höchstens noch in Begleitung von Sicherheitspersonal in einen Urlaub gehen dürfen.

Der Bundesrat setzt damit eine Forderung der ehemaligen SVP-Nationalrätin und heutigen Zürcher Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli um, den auch das Parlament unterstützt hat. Die Forderung unterstützten damals im Nationalrat SVP, CVP, BDP und die Hälfte der FDP.

Es kann nicht sein wie bis anhin: Man pokert und lässt Leute raus – und dann staunt man, wenn ein Mord geschieht.
Autor: Andrea Geissbühler Nationalrätin (SVP/BE)

Zufrieden mit dem Vorschlag ist heute SVP-Nationalrätin Andrea Geissbühler: «Es kann nicht sein wie bis anhin: Man pokert und lässt Leute raus – und dann staunt man, wenn ein Mord geschieht.»

Wie umgehen mit dem Restrisiko?

Kritik kommt hingegen von links. So sagt Nationalrätin Sibel Arslan von den Grünen: Irgendwann müsse ein Straftäter lernen, ohne Begleitung auszukommen. Denn auch wenn jemand begleitet Hafturlaub antrete, werde womöglich der Zeitpunkt kommen, an dem diese Begleitung nicht mehr gewährleistet sei. «Deswegen halte ich das für keine gute Lösung und denke, wir sollten bei der heutigen Regelung bleiben.»

Gefängniszelle mit Blick nach draussen
Legende: Soll man die Täter möglichst wieder eingliedern oder die Gesellschaft besser schützen? In drei Punkten legt der Bundesrat jetzt ein Gewicht auf den Schutz der Gesellschaft. Zu den Vorschlägen können sich jetzt Parteien und Verbände äussern. Keystone

Nicht bei der heutigen Regelung bleiben will der Bundesrat noch in einem anderen Punkt. Er will auch bei gefährlichen Gewalt- und Sexualstraftätern eine härtere Gangart einlegen, die am Ende des Vollzugs stehen und freigelassen werden. Solche Täter und Täterinnen sollen künftig auch in Freiheit betreut oder kontrolliert werden: etwa indem sie sich an einem besonderen Ort aufhalten oder indem sie elektronische Fussfesseln tragen müssen.

Wenn jemand frei ist, ist diese Person frei und soll nicht weiter zu verdächtigt werden.
Autor: Sibel Arslan Nationalrätin (Grüne/BS)

Auch diese Verschärfung begrüsst Geissbühler: «Sehr viele Straftäter werden rückfällig, gerade bei schweren Verbrechen.» Deswegen sollten die Lücken im Strafrecht zum Schutz der Bevölkerung geschlossen werden, fordert die SVP-Nationalrätin. «Wir können die Leute nicht aufs Geratewohl rauslassen und hoffen, dass nichts passiert.»

Verschärfung auch bei jungen Straftätern

Box aufklappen Box zuklappen

Auch bei jugendlichen Straftätern möchte der Bundesrat einen Zacken zulegen. So können auch hochgefährliche jugendliche Straftäter heute spätestens mit 25 Jahren freikommen – so will es das Jugendstrafrecht. Das möchte der Bundesrat verhindern: Gegen besonders gefährliche Jugendliche soll, wenn sie 25 gewesen sind und freikommen, direkt eine Massnahme des Erwachsenenstrafrechts angeordnet werden können.

Dabei gehe es um schwerstgefährliche Täter, schreibt der Bundesrat. Jugendliche also, die sich zum Beispiel der vorsätzlichen Tötung oder einer schweren Vergewaltigung schuldig gemacht haben. Das beträfe wohl unter 100 Jugendliche pro Jahr.

Da gehe es um grundlegende rechtsstaatliche Prinzipien, wendet demgegenüber Arslan ein: «Wenn jemand frei ist, ist diese Person frei und soll nicht weiter verdächtigt werden. Die Menschen sollen reintegriert werden und nicht noch weiter beschuldigt werden.»

Das möchte im Grundsatz auch der Bundesrat: Straftäter und -täterinnen sollten nach Verbüssung ihrer Strafe in erster Linie in die Gesellschaft eingegliedert werden, schreibt er. Vor gefährlichen Tätern hingegen müsse die Gesellschaft geschützt werden.

Sendebezug: Info 3, 06.03.2020, 12 Uhr; imhm

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