Vor zwei Wochen war ein Zugbegleiter am Bahnhof Baden (AG) wegen eines defekten Einklemmschutzes am Wagentyp EW IV mitgeschleift worden und ums Leben gekommen. Das Sicherheitsdispositiv der SBB rückt seither vermehrt in den Fokus der Politik und SBB-Chef Andreas Meyer sieht sich mit Forderungen konfrontiert. Nun nimmt er Stellung:
SRF News: Andreas Meyer, Sie waren über eine Stunde lang bei der ständerätlichen Verkehrskommission. Was waren die Hauptfragen und Forderungen an Ihre Adresse?
Andreas Meyer: Es ging selbstverständlich um diesen tragischen Unfall, aber auch um Fragen beim Güterverkehr und beim internationalen Personenverkehr. Die Kommission wollte primär wissen, ob wir diesen tragischen Unfall auch ernst genug nehmen. Ob wir auch ein produktives Sicherheitssystem haben und was wir jetzt ganz konkret tun. Ich habe auch eine Verkehrskommission vorgefunden, die weiss, es lassen sich nie alle Risiken ganz ausschliessen.
Was war die Botschaft an die Kommission?
Ich habe vor allem berichtet und aufgezeigt, worauf sich die Task Force konzentriert: die Überprüfung all dieser Türen, des Schliesssystems, des Abfahrtprozesses beim EW IV. Wie üblich, wenn man bei einem Flottenteil etwas sieht, schaut man auch die anderen Flotten an. Das ist eine Riesen-Arbeit, die geht auch nicht von heute auf morgen. Und wir überprüfen das Meldewesen: ob es hier allenfalls irgendwelche Hinweise gab, denen man nicht konsequent genug nachgegangen ist.
Man hat im Moment den Eindruck, das Verhältnis zu den Gewerkschaften ist sehr zerrüttet. Wie beurteilen Sie das?
Der Ton der Gewerkschaften hat sich über die letzten zehn Jahre doch merklich verändert. Sie sind oft mit Lösungen schneller als wir das sein können. Wir müssen jeweils auch die Arbeit unserer Mitarbeitenden respektieren. Da haben die Gewerkschaften eine etwas grössere Narrenfreiheit und sie können auch etwas mehr spekulieren.
Was mich persönlich gestört hat war, dass man diesen tragischen Fall zum Anlass genommen hat, gewerkschaftliche Forderungen zu stellen. Das hielt ich für deplatziert. Aber ich denke, es ist auch dem Schock zuzuschreiben, unter dem alle ein bisschen standen.
Jetzt ist die Politik auf die SBB aufmerksam geworden und mischt sich ein. Was tun Sie, damit das System so stabil wird, dass die SBB privatwirtschaftlich funktionieren kann?
Die SBB funktioniert auch heute. Ich glaube, es ist wichtig, Red und Antwort zu stehen, wie unser Sicherheitssystem funktioniert. Und dass sich Verwaltungsrat, Konzernleitung und alle Ebenen regelmässig mit fest definierten Aufgaben und Verantwortlichkeit in diesem System auseinandersetzen.
Es gilt jetzt, diese anspruchsvolle Situation zu bewältigen und wie bei jedem Unfall zu schauen, ob man Lehren daraus ziehen kann für diesen Flottentyp oder für anderes Rollmaterial.
Das Gespräch führte Georg Häsler.