Es sorgte für grosses Aufsehen, als der ägyptische Investor Samih Sawiris Ende März bekannt gegeben hatte, dass er das Skigebiet Andermatt an einen amerikanischen Konzern verkauft. Der Käufer, Vail Resorts, ist nicht nur einer der ganz Grossen im internationalen Skigeschäft, er steht auch immer wieder stark in der Kritik.
Einer, der dem Konzern besonders genau auf die Finger schaut, ist Jeremy Rubingh. Der begeisterte Schneesportler aus Washington hat sich schon direkt mit Vail Resorts angelegt, mittels einer Petition, die immerhin von 45'000 Personen unterschrieben worden ist.
Vergrault Vail Resorts die Tagesgäste?
Der Firma gehe es nur noch darum, Gewinn zu machen, beklagt Rubingh. In keinem der Skigebiete in Nordamerika, welche Vail Resorts übernommen hat, habe sich die Situation verbessert, «nicht für Kundinnen und Kunden, aber auch nicht für die Angestellten. Tatsächlich war es eher umgekehrt.»
Ein Dorn im Auge ist ihm etwa das Preismodell: Während Tages-Skipässe immer teurer geworden seien und inzwischen schon über 200 Dollar kosteten, locke Vail Resorts viele Gäste mit ihrem «Epic Pass» ins Gebiet – das ist eine Saisonkarte, die für 40 Skigebiete gültig ist und nur knapp 800 Franken kostet. «Das macht das Skifahren viel weniger zugänglich für Leute, die nur für ein, zwei Tage auf die Pisten wollen.»
I would be alarmed, if I were a Swiss skier!
Weiter wirft Rubingh Vail Resorts vor, Gewinnmaximierung auf dem Buckel der Mitarbeitenden zu betreiben. Er nennt als Beispiel sein Stammskigebiet Stevens Pass im US-Bundesstaat Washington: «Einheimische Arbeitskräfte wurden entlassen und Vail Resorts versuchte, das Skigebiet vom Büro aus zu führen. Offen gesagt: Das Resultat war miserabel.» Gewisse Lifte seien geschlossen geblieben, vor anderen habe es unglaublich lange Schlangen gegeben.
Sein Fazit in Bezug darauf, dass Vail Resorts nun in Andermatt ein Skigebiet aufgekauft hat: «Wenn ich ein Schweizer Skifahrer wäre, wäre ich alarmiert!»
Die Schweiz ist nicht Amerika
In Andermatt ist man aber nicht alarmiert. Die Situation sei nicht mit Amerika vergleichbar, betont der hiesige Tourismusdirektor Thomas Christen. Dass die Tageskarten plötzlich viel teurer würden, glaube er nicht – hier sei die Konkurrenz zu gross und vor allem zu nahe: «Von Andermatt aus sind Sie in 40 Kilometer Luftlinie entweder in der Aletsch-Arena oder in Flims oder auf dem Titlis.» Da könne man die Preise nicht beliebig erhöhen. «In Amerika oder Kanada, wo man irgendwie 1000 Kilometer bis ins nächste Skigebiet fahren muss, hat man eine Monopolstellung – dort kann man das machen.»
Der Andermatter Tourismusdirektor fürchtet sich auch nicht davor, dass künftig massenhaft Amerikanerinnen und Amerikaner mit ihren Epic-Pässen die Pisten und Bahnen verstopfen werden. Er glaubt zwar schon, dass Vail Resorts künftig mehr nordamerikanische Gäste anlocken werde. «Doch diese werden nicht primär in der Hochsaison kommen, sondern werden sehr wohl abschätzen, wann sie in die Schweiz kommen.»
Die Gäste von Übersee seien vielmehr eine Chance für das Gebiet, findet Thomas Christen, weil sie eher für eine oder zwei Wochen kämen.
Betriebswirtschaftlich gesehen ist eine höhere Wochenauslastung absolut wichtig.
Dass in Andermatt künftig die Mitarbeitenden unter die Räder kommen könnten, dagegen verwehrt sich Raphael Krucker. Er ist Chef von Andermatt Swiss Alps, der Firma von Samih Sawiris, die weiter mit 40 Prozent am Skigebiet beteiligt bleibt. «Wir sind im regen Austausch mit Vail Resorts. Und es ist uns ein Bedürfnis, dass wir die lokalen Mitarbeitenden weiter beschäftigen und das Wissen in der Destination längerfristig behalten können.»