Seit Ende letzter Woche beschäftigt eine Frage die Schweizer Politik besonders: Wer übernimmt den Sitz von SVP-Bundesrat Ueli Maurer? Mit Maurer tritt ein Zürcher zurück – bisher war der bevölkerungsreichste und wirtschaftlich wichtige Kanton praktisch immer in der Landesregierung vertreten. Aber bleibt er es auch?
Die einzige Periode, in der Zürich nicht im Bundesrat vertreten war, war zwischen dem Rücktritt von Elisabeth Kopp im Januar 1989 und dem Amtsantritt von Moritz Leuenberger im November 1995. Sonst hatte der Kanton Zürich immer eine Vertretung in der Landesregierung.
«Wirtschaftsmotor Zürich» nicht im Bundesrat?
Und für die SVP des Kantons Zürich ist klar, dass der Kanton mit der grössten Bevölkerung auch nächstes Jahr einen Sitz im Bundesrat haben muss, wie Parteipräsident Domenik Ledergerber sagt: «Der Kanton Zürich ist der Wirtschaftsmotor der Schweiz. Ich bin klar der Meinung, dass er mit einem Bundesrat vertreten sein soll.»
Doch innerhalb der nationalen Partei sehen dies nicht alle gleich. So sagt Caspar Baader, der die Findungskommission der SVP für die Nachfolge von Ueli Maurer leitet, ein Zürcher Bundesrat sei nicht zwingend. «Früher war es so, dass nur jeweils ein Bundesrat aus einem Kanton gewählt werden durfte. Das wurde aber im Parlament aufgehoben. Deshalb ist es grundsätzlich durchaus möglich, dass aus demselben Kanton mehrere Bundesräte im Amt sind.»
Es gab auch schon zwei Zürcher Bundesräte
Und tatsächlich war dies auch schon mehrmals der Fall: Mit Moritz Leuenberger und Christoph Blocher sassen zwei Zürcher gleichzeitig in der Regierung – und mit Simonetta Sommaruga und Johann Schneider-Ammann zwei Berner. In der Verfassung gibt es seit gut zwanzig Jahren kein Verbot mehr für zwei Bundesräte aus dem gleichen Kanton. Und für die SVP-Findungskommission ist die Kantonszugehörigkeit kein zentraler Aspekt.
Das dürfte SVP-Nationalrat Albert Rösti gerne hören. Er ist einer der Favoriten für die Nachfolge von Ueli Maurer. Dass er Berner ist und mit Simonetta Sommaruga Bern bereits vertreten ist, dürfte also kein Hinderungsgrund sein.
Dennoch sei die Kantonszugehörigkeit der Bundesrätinnen und Bundesräte immer noch wichtig, sagt Politikwissenschaftler Adrian Vatter von der Universität Bern – gerade für die regionale Identifikation: «Gerade für einzelne, eher periphere Landesteile ist es besonders wichtig, dass man zwischendurch mit einer Person in der Landesregierung vertreten ist, damit man sich mit ihr identifizieren kann.» Als Beispiel nennt Vatter hierfür den Kanton Tessin.
Bei der kommenden Bundesratswahl im Dezember dürfte hingegen die Kantonszugehörigkeit keine entscheidende Rolle spielen – obwohl sich dies die Zürcher SVP ganz anders wünscht.