«Wenn man am Schluss schaut, was sich wirklich ändert, ist es eigentlich erstaunlich wenig». Dies hat Justizministerin Simonetta Sommaruga heute Morgen im Ständerat zu den geplanten Verschärfungen des Waffengesetzes festgestellt.
In der Tat. Viel mehr als Gesetzeskosmetik ist es nicht, was das Parlament in dieser Session zu Ende beraten soll: Besitzer von gewissen halbautomatischen Waffen werden diese innerhalb von drei Jahren dem kantonalen Waffenbüro melden müssen, sofern sie dies nicht schon getan haben. «Wesentliche Bestandteile» von Feuerwaffen müssen neu markiert werden. Ansonsten bleibt für Schützen, Jäger und Armeeangehörige, die ihre Ordonnanzwaffe nach Dienstende behalten, fast alles beim Alten.
Mit abenteuerlichen Argumenten
Wie darin die «Interessengemeinschaft Schiessen Schweiz» noch immer einen «Paradigmenwechsel im Verhältnis von Staat und Bürger» erkennen kann, bleibt ihr Geheimnis.
Einigermassen abenteuerlich mutet allerdings auch die Behauptung der Befürworter an, die Vorlage trage wesentlich zur Erhöhung der Sicherheit bei. So setzt unsere Landesregierung wesentliche Forderungen aus der EU-Waffenrichtlinie gar nicht um: Wer nach Dienstende die Armeewaffe behalten will, muss «Sportschütze» sein, aktiv an «Schiesswettbewerben» teilnehmen, die Mitgliedschaft in einem «Schützenverein» belegen und vor dem Ausscheiden aus der Armee «mindestens» 12 Monate lang den Schiesssport trainiert haben, fordert die EU.
An den EU-Forderungen vorbei
Nichts von alledem findet sich in der Vorlage des Bundesrates. Ein staatliches «Überwachungssystem», das unter anderem «medizinische und psychologische Informationen» über die Besitzer von Ordonnanzwaffen bewertet, verlangt die EU-Richtlinie klipp und klar. Kein Wort davon liest man im schweizerischen Gesetzestext.
Da erstaunt es nicht, dass Justizministerin Sommaruga mit Nachdruck vor weiteren Verwässerungen warnt, wie sie der Nationalrat in der Sommersession beschlossen hat. Die Folgen solcher Verstösse gegen die EU-Richtlinie seien «glasklar», hat die Bundesrätin heute vor dem Ständerat betont. Die Umsetzung der EU-Waffenrichtlinie sei eine relevante Erweiterung des Schengen-Abkommens mit der EU. Und der Schengen-Vertrag falle «automatisch dahin», wenn wir diese nicht übernähmen.
Die Debatte: kein Musterbeispiel für politische Redlichkeit
Das allerdings ist eine ziemliche Zuspitzung der Justizministerin, die offensichtlich bereits den Abstimmungskampf eingeläutet hat. Das Schengen-Abkommen sieht nämlich vor, dass der sogenannte «Gemischte Ausschuss» mit Vertretern der EU und der Schweiz innerhalb von 90 Tagen «Möglichkeiten zur Fortsetzung des Abkommens» beschliessen kann, sollte die Schweiz eine Weiterentwicklung des Schengen-Rechts nicht übernehmen wollen.
Auch wenn die Schweiz Teile der EU-Richtlinie nicht in ihr Recht überführt, kann von einem «Automatismus» keine Rede sein. In diesem Fall müsste die EU aktiv werden und die Abweichungen im «Gemischten Ausschuss» zur Sprache bringen. Dieser hätte dann bis zu vier Monate Zeit, um den Streit beizulegen.
Als Musterbeispiel für politische Redlichkeit taugt die Debatte über die Umsetzung der EU-Waffenrichtlinie mit Sicherheit nicht.