Die Schweiz soll ein Schengen-Land bleiben. Mit diesem Ziel hat sich der Ständerat heute über das Waffenrecht gebeugt, um im Einklang mit den verschärften EU-Richtlinien zu bleiben. Die kleine Kammer folgte dabei weitgehend den Kompromissvorschlägen ihrer Kommission und des Bundesrats.
Mit einer Zustimmung von 34 zu 6 Stimmen bei 5 Enthaltungen geht die Vorlage nun an den Nationalrat, der weiter auf Konfrontationskurs mit der EU ist. Die EU hatte die Waffenrichtlinien nach den Terroranschlägen von Paris im November 2015 verschärft. Die Schweiz muss bis zum 31. Mai 2019 nachziehen. Eine Referendumsabstimmung ist so gut wie sicher.
Gesucht: «Pragmatische Lösung»
Kommissionssprecher Josef Dittli (FDP/UR) betonte, dass der Bundesrat eine pragmatische Durchsetzung anstrebt. Diese sei in der Vernehmlassung weitgehend begrüsst worden, von Parteien ebenso wie von den Kantonen. Die Schützenverbände lehnen die Vorschläge ab, weil halbautomatische Waffen wie das Sturmgewehr in die Kategorie der verbotenen Waffen übergeführt werden sollen. Auf der Linie der Schützen ist bisher der Nationalrat.
Zugeständnis an die Schützenlobby
Schliesslich stimmte der Ständerat dem Vorschlag des Nationalrats zu, eine nach der Dienstzeit direkt übernommene Ordonnanzwaffe nicht unter den verbotenen Waffen einzureihen. Für die Armee-Sturmgewehre gilt zwar ohnehin eine Ausnahme, formell will der Bundesrat diese aber zu den verbotenen Waffen zählen. «Das werden wir erklären müssen. Ich gehe davon aus, dass wir das auch können, weil es in der Wirkung gleich ist», stellte Sommaruga fest. Anzunehmen, bei einer Ordonnanzwaffe fielen alle Regeln dahin, funktioniere aber nicht.
Mehr Sicherheit?
Zahlreiche Attentate würden nicht mit Waffen, sondern mit Fahrzeugen verübt, machte Alex Kuprecht (SVP/SZ) geltend. Er frage sich deshalb, ob mit der EU-Richtlinie mehr Sicherheit produziert werden könne oder ob es nur um den Nachvollzug gehe. «Die Wirksamkeit dieser Richtlinie scheint eher fraglich zu sein», sagte Kuprecht. Selbst der Kommandant der Polizeikorps komme zum Schluss, dass sie keine Erhöhung der Sicherheit bringe. Er hoffe, dass mit kleinen Korrekturen ein Referendum noch verhindert werden könne.
Jositsch: Verbot halbautomatischer Waffen vom Tisch
Daniel Jositsch (SP/ZH) erinnerte, dass die Initiative «Schutz vor Waffengewalt» mit 56 Prozent Nein-Stimmen abgelehnt wurde. Das akzeptiere er als Demokrat. Ebenso, dass nun der Bundesrat und die sicherheitspolitische Kommission eine für ihn selbst «zu pragmatische» Umsetzung der EU-Richtlinie vorschlügen. Denn eigentlich müssten gemäss Richtlinie sämtliche halbautomatischen Waffen verboten werden. Doch nun würden eigentlich nur die Übertragung und der Besitz von Waffen aufwendiger und administrativ komplizierter, während die Abgabe weitgehend unangetastet bleibe. Justizministerin Simonetta Sommaruga betonte: «Wer seine Waffe direkt aus der Armee übernommen hat, muss das nicht melden.»
Ausnahme von der Ausnahmebewilligung abgelehnt
Werner Hösli (SVP(GL), selber aktiver Sportschütze, machte Nachteile für die mit Sturmgewehr schiessenden Schützen geltend. Diese müssten davon befreit werden, ein Gesuch für eine Ausnahmebewilligung zu stellen, wenn sie ihre abgenützte Ordonnanzwaffe ersetzen wollten. Denn die Ersatzwaffe falle nach der Lösung von Nationalrat und Ständeratskommission unter die Kategorie der verbotenen Waffen. Diese Lösung sei zwar gut gemeint, aber noch nicht gut gemacht. Das lehnte der Ständerat mit 29 zu 15 Stimmen ab und stellte sich auf den Standpunkt, dass ein solches Gesuch leicht zu erbringen und zumutbar sei.
Thema: Magazine und Verkauf
Verschärft werden die Bedingungen für den Kauf halbautomatischer Gewehre und Pistolen. Wenn in solche Waffen ein Magazin mit einem Fassungsvermögen über 10 respektive 20 Schuss eingesetzt ist, handelt es sich neu um verbotene Waffen. Solche dürfen nur von Sammlern oder Sportschützen gekauft werden.
Auch für Erwerb und Besitz der grossen Magazine selber gelten in der EU künftig Auflagen. In der Schweiz sind Magazine heute unabhängig von der Grösse frei verkäuflich. Dabei will es der Nationalrat belassen. Laut Justizministerin Sommaruga widerspricht die geltende Schweizer Regelung jedoch dem neuen EU-Recht.
Regelung für grosse Magazine
Im Ständerat ist dieses Argument des Bundesrats angekommen. Dieser schlägt für grosse Magazine eine Regelung vor, wie sie heute für Munition gilt: Nur wer rechtmässig eine entsprechende Waffe besitzt, darf auch ein zugehöriges grosses Magazin kaufen. Munitionskartons sind allerdings mit einer Nummer versehen, für Magazine ist das nicht geplant. Wie die neue Regelung in der Praxis umgesetzt wird, ist daher unklar.
Thema: Markierungspflicht
Die Markierungspflicht für wesentliche Waffenbestandteile ist ein weiterer Streitpunkt. Nach geltendem Schweizer Recht genügt es bei zusammengebauten Waffen, einen wesentlichen Waffenbestandteil mit einer Seriennummer zu markieren. Künftig müssen alle wesentlichen Waffenbestandteile markiert werden. Bei Pistolen handelt es sich um Griffstück, Verschluss und Lauf, bei Gewehren um Verschlussgehäuse, Verschluss und Lauf. Im Gegensatz zum Nationalrat ist der Ständerat einverstanden, dass künftig alle diese Teile mit einer Markierungsnummer versehen werden.