Einen Angriff auf jahrhundertealte Rechte sieht etwa die Gesellschaft Pro Tell in der verschärften EU-Waffenrichtlinie. Pro Tell setzt sich für ein möglichst liberales Waffenrecht in der Schweiz ein. Der Bundesrat entgegnet: Bei der Umsetzung der EU-Richtlinie habe der Bundesrat seinen Spielraum ausgenutzt.
So sehen Ausnahmeklauseln etwa vor, dass Schweizer Armeeangehörige wie bisher ihre Ordonnanzwaffe nach der Dienstzeit übernehmen können – und zwar ohne zusätzliche Pflichten wie etwa ein Schiesstraining.
Das ist der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats (SiK) nicht ganz genug. Sie macht die Vorlage in diesem Punkt vielleicht ein kleines bisschen verdaulicher für Soldaten.
Salzmann sieht Zwei-Klassen-Gesellschaft
SiK-Präsident Werner Salzmann von der SVP erklärt: «Die relevanteste Änderung ist, dass die Ordonanzwaffe, die der Soldat nach seiner Entlassung aus der Armee übernimmt, nicht mehr unter die Kategorie der verbotenen Waffe fällt.» Das bedeutet: Eine Waffe, die eine Dienstzeit lang legal war, wird so nach Ende der Dienstpflicht nicht plötzlich zur verbotenen Waffe.
Aus Schützensicht habe das aber auch Nachteile, sagt Salzmann, der auch als Präsident des Berner Schiesssportverbandes amtiert: Damit werde eine Zwei-Klassen-Gesellschaft geschaffen. «Soldaten, die im Besitz einer Waffe aus Militärbestanden sind, haben solange eine bewilligungspflichtige, nicht verbotene Waffe, bis sie diese tauschen.» Die übrigen hätten eine verbotene Waffe – obwohl es sich um die genau gleiche Waffe handle.
Versuche von beiden Seiten sind gescheitert, die Vorlage zu entschärfen.
Diese Änderung der Kommission sei rein psychologisch, kommentiert hingegen SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf. Überhaupt hätten sich in der Kommission weder Waffenfreunde noch Waffengegner am Ende durchgesetzt: «Versuche die Vorlage zu entschärfen sind genauso gescheitert wie solche von linker Seite, ein schärferes Waffenrecht zu bekommen»
Schengen-Tauglichkeit steht über allem
Über allem gestanden sei bei der Beratung in der Kommission mehrheitlich ein Leitgedanke, sagt Seiler Graf: «Es war bald klar, dass auch von bürgerlicher Seite – vor allem bei den Freisinnigen – die Schengen-Tauglichkeit ganz klar im Vordergrund stand.»
Die Vorlage müsse Schengen-tauglich sein, sprich: kompatibel mit EU-Recht – weil sonst der Ausschluss der Schweiz aus den Verträgen von Schengen und Dublin drohe, warnt der Bundesrat. Und dann hätten etwa Schweizer Polizisten keinen Zugriff mehr aufs Schengener Informationssystem.
Doch auch mit den Änderungen der Kommission sei die Vorlage noch immer Schengen-kompatibel, haben Vertreter des Bundes vor der Sicherheitskommission offenbar gesagt.
Wenn die Schweiz drei, vier Punkte nicht so umsetzt, wie das die EU-Staaten möchten, kann ich mir nicht vorstellen, dass sie uns als Konsequenz aus dem Schengen-Raum werfen.
Schiesssportverbands-Präsident Salzmann seinerseits hält fest: Die Frage nach der EU-Kompatibilität bereite ihm ohnehin kein Bauchweh. «Wenn die Schweiz drei, vier Punkte nicht so umsetzt, wie das die EU-Staaten möchten, kann ich mir nicht vorstellen, dass sie uns als Konsequenz aus dem Schengen-Raum werfen.» Denn damit würden die EU-Staaten auch auf die Daten der Schweiz verzichten, so Salzmann.
Nach wie vor rüsten sich die Schiesssportverbände wie auch Pro Tell für ein Referendum – einen Entscheid wollen die Schützen nach der Debatte im Nationalrat in zwei Wochen fällen.