Die Ausnahme bestätigt die Regel. Zwar ist im letzten Jahrzehnt das Interesse an der Ausbildung in der Gastronomie markant gesunken. Das kümmert Marc Gay allerdings nicht im Geringsten. Der 19-jährige Romand ist gut in dem, was er macht. Exzellent sogar. Er ist amtierender Schweizermeister im Kellnern.
«Ich liebe den Kontakt mit meinen Gästen und ich erkläre und präsentiere ihnen gerne all die Produkte, die sie bei uns konsumieren können. Diese beiden Sachen machen den Beruf für mich aus», sagt Marc Gay. Er arbeitet in einem Restaurant in Martigny im Kanton Wallis.
Beim Praktikum im Restaurant wurde mir sofort klar: Das ist es.
Ursprünglich wollte er Florist oder Gärtner werden, doch die Arbeit draussen sei nichts für ihn, habe er gemerkt. Dafür hat ihm das Praktikum in einem Restaurant gefallen.
Gay ist aber ein «Dinosaurier», einer der letzten seiner Art. Denn der Gastro-Branche ist es mittlerweile teils fast unmöglich, Lernende zu finden. Der Blick auf die Lehrvertragsabschlüsse der letzten zehn Jahre zeigt: Im Jahr 2020 haben 429 Jugendliche die Ausbildung zur Restaurationsfachfrau und zum Restaurationsfachmann gestartet. 40 Prozent weniger als noch 2011.
Nachwuchsproblem ist gross
Der Lehrmeister von Gay, Valentin Gay-de-Combes, kennt das Problem aus erster Hand: «Es ist sehr schwierig. Vor allem seit Covid. Man findet praktisch keine motivierten jungen Leute, die bereit sind, eine Ausbildung im Gastro-Hotel-Bereich zu machen», sagt der Geschäftsführer des Restaurants «La Porte d'Octodure».
Die Jungen wollen nicht mehr am Wochenende oder Abend arbeiten.
Der beste Kellner der Schweiz hat dementsprechend die Qual der Wahl: «Ich habe mehrere Angebote erhalten. Das berührt mich. Jetzt ist es an mir zu entscheiden, wohin mich der Weg führen soll.» Er gehört zum begehrten Nachwuchs, der vielerorts fehlt – auch in der Hotel-Branche.
Hotellerie-Studierende lassen sich nicht abschrecken
Gegensteuer gegen den Nachwuchsmangel geben die Hotel- und Gastrofachschulen. Etwa jene in Passug GR. Dort studiert Bastian Ritzberger Hotelmanagement. Von den unregelmässigen Arbeitszeiten lässt er sich nicht abschrecken. «Ich lerne gerne neue Leute kennen. Verschiedene Kulturen haben mich schon immer interessiert», sagt er. Er sei überzeugt, dass er sich in der Branche eine «coole Zukunft» aufbauen könne.
Mitstudentin Mara Bourquin hat bereits eine Idee, wie man die Arbeitsbedingungen in der Branche verbessern könnte. «Eine Variante ist die Viertageswoche», so die Jung-Gastronomin. Das müsse aber jeder Betrieb für sich selbst entscheiden. Sie erwarte vor allem Wertschätzung und faire Arbeitsverhältnisse seitens künftiger Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber.
Die Konsequenzen für die Branche
Ausbildungs-Offensive hin oder her: Der Personalmangel hinterlasse seine Spuren, sagt Markus Schmid, Präsident des Walliser Hotelier-Vereins. Man müsse beispielsweise Arbeiten digitalisieren und in der Küche weniger aufwändig kochen. «Das bedeutet ein Umbruch für die ganze Branche», so Schmid. Das verändere auch das Angebot für die Gäste. «Es wird anders sein, aber sicher nicht schlechter», so Schmid weiter.