Sein Traumziel ist der Mond: Der Bieler Marco Sieber (34) absolviert seit April 2023 die Astronautenausbildung bei der Europäischen Weltraumagentur (ESA). Sein erster Flug zur Internationalen Raumstation ISS ist frühestens 2026 geplant – dann wäre er nach Claude Nicollier der zweite Schweizer im All.
Bis es so weit ist, muss der ausgebildete Notarzt noch unzählige Trainings absolvieren. Im Gespräch mit SRF sagt Marco Sieber, wie seine Astronautenausbildung läuft und welche Fähigkeiten es für eine Weltraummission besonders braucht.
Vielseitigkeit: Marco Sieber ist ein Tausendsassa: Er ist nicht nur Fallschirmspringer der Schweizer Armee, Skitourenfahrer, Kitesurfer und Gleitschirmflieger. Er hat auch eine Privatpilotenlizenz. «Fliegen gibt mir ein Gefühl von Freiheit. Und trotzdem trägt man Verantwortung. Das spornt mich an», sagt Sieber. Bei der ESA-Ausbildung absolviert er auch Tauchkurse, um zu simulieren, wie man sich ausserhalb der Raumstation bewegt.
Fitness: Seit April 2023 büffelt Marco Sieber Theorie für die Grundausbildung wie Biologie und Astrophysik. Auch Überlebenstraining steht auf dem Programm. Im Kurs «Seasurvival» übt Sieber, sich auf einem Rettungsboot zurechtzufinden. «Das macht mir fast mehr Spass, als im Klassenzimmer zu sitzen», sagt Sieber. Vor allem die sportlichen Prüfungen verlangen dem 34-jährigen Bieler alles ab. Schon im Training gehe man an seine Grenzen. «Aber im Weltraum verliert man viel Muskelmasse, deshalb muss man fit sein.»
Ausbildung: Der Berner hat an der Universität Bern Medizin studiert und über robotergestützte Chirurgie promoviert. Eine Ausbildung also, die nichts mit Fliegen oder Astronautik zu tun hat. «Einen direkten Weg zum Astronautenberuf gibt es ohnehin nicht», sagt er. Seine ESA-Kolleginnen kämen aus den unterschiedlichsten Bereichen wie Physik, Fliegerei oder Ingenieurwesen. «Als Arzt stand ich immer unter grossem Druck, musste jeden Tag wichtige Entscheidungen treffen. Auch wenn man nicht immer alle Informationen hatte. Das hilft mir jetzt in der Astronautenausbildung, in stressigen Momenten einen kühlen Kopf zu bewahren.»
Sprachen: Marco Sieber spricht bereits fliessend Englisch und Französisch. Ukraine-Krieg hin oder her: Astronautinnen und Astronauten müssen am Ende ihrer Grundausbildung Russisch auf dem Niveau B1 beherrschen. Dafür sind 500 Stunden Sprachunterricht vorgesehen. Ziel ist, dass sich Marco Sieber mit seinen russischen Kolleginnen und Kollegen auf der ISS verständigen kann.
Faszination: Marco Sieber ist seit seiner Kindheit mit dem Fliegervirus infiziert, schon als Bub begleitete er seinen Vater im Segelflugzeug. Schon damals beobachtete er den Himmel und begeisterte sich für Raketen und Planeten: Wie dockt man mit einer Raumkapsel an die ISS an? «Jetzt lerne ich, wie das funktioniert. Die Faszination ist die gleiche geblieben. Und das Wissen natürlich viel grösser.»
Ehrgeiz: Siebers Wunschdestination ist nicht der Mars, sondern der Mond. «Noch kein Europäer und keine Europäerin konnte bisher einen Schritt auf einen anderen Himmelskörper machen. Das wäre sehr speziell», sagte er gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Eine Mission zum Mars könne er sich hingegen im Moment nicht vorstellen. «Eine One-Way-Mission würde ich nicht machen.»