Zum Inhalt springen

Naturschutzprojekt Bellach: Für die Weihersanierung zogen alle am gleichen Strang

Während 20 Jahren wurde der Bellacher Weiher saniert. Die angewendete Methode ist jedoch wissenschaftlich umstritten.

Der Bellacher Weiher ist nicht das, was man sich unter einem typischen Weiher vorstellt. Denn er ist das drittgrösste Stillgewässer des Kantons Solothurn – mit einer Fläche von knapp fünf Fussballfeldern. Speziell am Weiher ist aber nicht nur die Grösse, sondern auch die Geschichte, wie er während zwanzig Jahren saniert wurde.

Die Geschichte des Bellacher Weihers

Box aufklappen Box zuklappen

Der Bellacher Weiher wurde von Menschenhand geschaffen. Mitte des 15. Jahrhunderts beauftragte die Stadt Solothurn einen Dammbauer, das sumpfige Weihertäli zwischen Bellach und Selzach mit einem Damm abzuriegeln, damit das Wasser zu einem Weiher aufgestaut wird.

Der Weiher sollte dazu dienen, die Stadt mit Fischen und im Winter mit sauberem Eis zu versorgen. Die Fischzucht erwies sich jedoch als aufwändiger und weniger profitabel als gedacht. 1861 verkaufte die Stadt den Weiher an eine Baumwollweberei. Diese nutzte das Wasser, um die Turbinen für die mechanische Weberei anzutreiben.

Später ging der Weiher in Privatbesitz über. 2001 kaufte ihn die Familie Stöckli aus Bellach.

Im Jahr 2004 war der Bellacher Weiher komplett verschlammt, seine Wasseroberfläche mit Algen und Wasserpflanzen zugewachsen. Jahrzehntelange Überdüngung hatten das Gewässer in Mitleidenschaft gezogen.

Wir konnten nicht einmal mit dem Boot über den Weiher fahren.
Autor: Thomas Stöckli Besitzer Bellacher Weiher

«Da waren so viel Schlamm und so viele Pflanzen, dass wir den Weiher nicht einmal mit unserem Boot befahren konnten», erzählt der Besitzer des Weihers, Thomas Stöckli.

Ein Weiher, der mit einer grünen Schicht aus Algen und Pflanzen übersät ist.
Legende: Voller Schlamm und übersät mit Algen und Wasserpflanzen – so sah der Bellacher Weiher vor der Sanierung aus. ZVG/Verein Umwelt und Bildung

Wie kann man den Weiher retten? Diese Frage stellten sich das Besitzerpaar Laura und Thomas Stöckli. Es war der Anfang eines Pilotprojekts, das drei Gemeinden, 18 Landwirte und wissenschaftliche Institutionen über die Jahre zusammenschweisste.

Der erste Schritt: Entschlammung

Um ein Gewässer zu entschlammen kommen normalerweise Bagger zum Einsatz. Die Familie Stöckli entschied sich jedoch für eine sanfte Sanierung. Sie setzten auf die sogenannte Plocher-Technologie.

Dazu wurden im See Biokatalysatoren im Weiher verankert. Das darin enthaltene Quarzmehl wurde zuvor nach der wissenschaftlich umstrittenen Technologie behandelt. Das Mehl wurde zudem alle drei Wochen von den Stöcklis vom Boot aus über den See gestreut.

Wirkung von Plocher-Technologie umstritten

Box aufklappen Box zuklappen

Der Deutsche Roland Plocher ist der Erfinder der gleichnamigen Methode. Seit 1980 werden verschiedene Produkte mit diesem Label vertrieben. Laut Homepage funktioniert die Technologie, indem Informationsfelder erzeugt und auf das Quarzmehl übertragen werden. Deren katalytische Wirkung diene dazu, die Prozesse in der Natur sowie in technischen Anwendungen gezielt zu steuern.

Kritikerinnen und Kritiker stellen diese Plocher-Methode in die esoterische bzw. homöopathische Ecke. In einem NZZ-Bericht von 2005 spricht ein Fachmann des Zürcher Amts für Abfall, Wasser, Energie und Luft von «Voodoo-Zauber». Demnach seien zwar verschiedene Kleingewässer im Rahmen der Plocher-Behandlung saniert worden. Bei genauerem Hinsehen habe es aber jeweils auch andere Massnahmen gegeben, die für den positiven Effekt verantwortlich sein könnten.

Die Eidgenössische Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz (Eawag) untersuchte die Wirksamkeit von Plocher-Produkten ebenfalls und kam im Jahr 2001 zum Schluss: Es konnte keine Wirksamkeit festgestellt werden.

Nach vier Jahren zeigte sich der erste Erfolg: Das Wachstum der Schlammschicht war gestoppt, die Ausbreitung der Wasserpflanzen ging zurück. Von da wurde das Projekt wissenschaftlich begleitet von Nuferscience, einem Umweltbüro, das vor allem im Bereich der Plocher-Technologie forscht.

Landwirtschaft wird miteinbezogen

In der nächsten Phase beschlossen die Verantwortlichen die Ausweitung des Projekts auf die gesamte landwirtschaftlich genutzte Fläche im Einzugsgebiet des Bellacher Weihers. Dieses erstreckt sich über drei Gemeinden und 18 verschiedene landwirtschaftliche Betriebe.

Die Landwirtinnen und Landwirte sollten Plocher-Produkte verwenden und diese dem Mist und Kompost hinzufügen oder zur Bodenbehandlung nutzen.

Die Resonanz aus der Landwirtschaft überwältigte die Familie Stöckli: Alle 18 Landwirte erklärten sich von Anfang an bereit, das Projekt mitzutragen. Seit 2009 beteiligten sich alle Betriebe daran. Das Ergebnis lässt sich sehen: 15 Jahre später ist die Verschlammung gestoppt, die Oberfläche des Sees ist frei von Algen und Wasserpflanzen.

Bellacher Weiher 2004 und 2020

Der gesamte Prozess wird auch wissenschaftlich begleitet. Im Auftrag des Kantons Solothurn führt Nuferscience viermal pro Jahr Messungen durch. Die ZHAW Wädenswil, ein wissenschaftliches Institut in Lyss sowie die Berner Fachhochschule Zollikofen führten ebenfalls Messungen am Weiher durch.

Ein Weiher fotografiert von einer grünen Wiese aus.
Legende: An schönen Sommertagen bietet der Weiher heute ein schönes Fotomotiv und gilt als wichtiges Naherholungsgebiet in der Region. ZVG/Verein Umwelt und Bildung

Heute hat sich der Bellacher Weiher von der Überdüngung erholt. Der Besitzer Thomas Stöckli ist zufrieden. Dass die Plocher-Methode umstritten ist, ist er sich bewusst. «Darum war es mir wichtig, dass das Projekt auch wissenschaftlich begleitet wird», betont Stöckli. «Das ist kein Voodoo-Zauber – das ist real», ist er heute überzeugt.

Ein Mann und eine Frau stehen an einem bewölkten Tag vor einem Weiher.
Legende: Der Weiher-Besitzer Thomas Stöckli und die Bellacher Gemeindepräsidentin Lea Schluep-Stüdeli sind zufrieden mit dem Ergebnis. SRF/Beni Minder

Ob Voodoo oder nicht – Fakt ist: Nach 20 Jahren sanfter Sanierung ist die Verschlammung des Bellacher Weihers gestoppt und die Wasseroberfläche wieder frei von Algen und Pflanzen. Das dank eines gemeinsamen Efforts von zig Beteiligten.

Regionaljournal Aargau Solothurn, 27.1.2025, 17:30 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel