Finanziert durch Geld aus Saudi-Arabien oder Katar. Verbunden mit europäischen Organisationen, die dem politischen Islam nahestehen. Oder gar etabliert vom Schwiegersohn des Gründers der Muslimbrüder. Die neue Studie des Schweizerischen Zentrums für Islam und Gesellschaft der Universität Freiburg zeigt klar: Es gibt ausländische Akteure und internationale Organisationen, die Einfluss nehmen in Schweizer Moscheegemeinden und die ihre Vorstellungen eines ultrakonservativen oder politischen Islams verbreiten wollen.
Dennoch sagt Hansjörg Schmid, Professor und Autor der neuen Studie: Nach dem Einfluss ausländischer Akteure zu fragen, greife oft zu kurz. Denn die Frage suggeriere, es gebe ausländische Organisationen, die zentral gesteuert seien und Schweizer Moscheegemeinden beeinflussten. «Die Studie zeigt aber, dass der Prozess viel komplexer ist.»
Kritische Öffentlichkeit, kritische Muslime
Hansjörg Schmid und sein Team haben sieben Moscheegemeinden in der Schweiz genauer untersucht. Sie alle haben Verbindungen zu internationalen Organisationen. Diese Verbindungen seien aber sehr unterschiedlich. Und: Der Einfluss aus dem Ausland habe in den letzten Jahren abgenommen.
Das liege einerseits an einer kritischen Öffentlichkeit, an den Medien, die problematische Entwicklungen publik machen. Andererseits gab es einen Generationenwechsel. Junge, gut gebildete Musliminnen und Muslime besuchen die Moscheen. Sie wehren sich oft gegen zu viel Einflussnahme aus dem Ausland oder Predigten, die mit ihrer Lebensrealität wenig zu tun haben.
Kein nationales Netzwerk von Islamisten
Was das bewirkt, zeigt sich etwa in der Moschee von Petit-Sacconex bei Genf. Die Moschee war immer wieder in den Schlagzeilen, wegen problematischer Aussagen ihrer Imame etwa oder weil zwei ihrer Besucher zum IS in den Dschihad reisten. Der Druck der Öffentlichkeit und interne Kritik führten jüngst aber dazu, dass ein neuer Imam angestellt wurde und es Bemühungen gibt, die Moschee aus dem Einfluss Saudi-Arabiens zu lösen.
Denn die Moscheegemeinde war Teil des saudischen Plans, in europäischen Städten Moscheen zu aufzubauen, die den ultrakonservativen, wahhabitischen Islam etablieren und verbreiten soll. In Genf sei dies aber gescheitert, sagt Hansjörg Schmid: «Die Moschee hat über Genf hinaus keinen Einfluss, geschweige denn national.» Misslungen seien auch Versuche der «Ligue des Musulmans de Suisse», ein schweizweites Netzwerk von Organisationen aufzubauen, die den Muslimbrüdern nahestehen.
Beziehungen schaffen und transparent informieren
Für Hansjörg Schmid ist also klar: In der Schweiz gibt es kein nationales Netzwerk von Islamisten oder Wahhhabiten, keine nationale Organisation, die deren Ideen verbreitet. Die Schweiz unterscheidet sich damit von Deutschland und Frankreich. Das liege an der guten Bildung und am föderalistischen System der Schweiz, glaubt Hansjörg Schmid. Lokale Moscheegemeinden orientieren sich an lokalen und kantonalen Strukturen.
Dennoch rät Hansjörg Schmid, im Einzelfall genau hinzuschauen. Den Behörden empfiehlt er, mit den Moscheegemeinden Beziehungen aufzubauen. Und den Moscheegemeinden, transparent über ausländische Finanzierung und Beziehungen zu internationalen Akteuren zu informieren.