Ob Bananenschale, leere Nudelpackung oder gebrauchte Zahnbürste: Die Menge, die in der Schweiz weggeschmissen wird, ist enorm. Jedes Jahr produziert die Schweizer Bevölkerung mehr als 700 Kilogramm Siedlungsabfall pro Kopf. Damit gehört unser Land zu den Spitzenreitern in Europa.
Das sei eine «unrühmliche Spitzenposition» im internationalen Vergleich, sagte Katrin Schneeberger, Direktorin des Bundesamtes für Umwelt (Bafu) an einer Medienorientierung am Dienstag: «Es bräuchte fast drei Planeten, wenn die gesamte Welt im selben Ausmass wie die Schweiz konsumieren und wegwerfen würde».
Abfallsäcke aus 33 Gemeinden werden durchwühlt
Um herauszufinden, wo und wie die Schweiz Abfall reduzieren kann, analysiert das Bafu über 16 Tonnen Müll aus 33 repräsentativ ausgewählten Gemeinden. Also Gemeinden aus urbanen, ländlichen, aber auch touristischen Gebieten. Im Monat November werden nun im Recycling-Center im luzernischen Perlen die Inhalte der Kehrichtsäcke aus diesen Orten analysiert. 18 temporär angestellte Personen sortieren in zwei Schichten täglich rund eine Tonne Siedlungsabfall von Hand.
Seit 1982 wühlt das Bundesamt für Umwelt alle zehn Jahre im Müll. Dieses Mal soll ein besonderes Augenmerk auf Food Waste liegen. «Es landen sehr viele Lebensmittel in den Abfallsäcken. Diesen Anteil wollen wir reduzieren», sagt Katrin Schneeberger. Die Frage, welche Lebensmittel weggeworfen werden, sei auch aus Sicht des Klimaschutzes interessant. Es mache einen Unterschied, ob ein Kilogramm Fleisch oder Gemüse weggeworfen werde.
Neben Food Waste will das Bafu auch bei Abfällen, die eigentlich rezykliert werden sollten, genauer hinschauen, also bei Papier, Glas, Metall oder Aluminium. Die Erhebung 2012 hatte nämlich ergeben, dass rund ein Fünftel des Kehrichts noch verwertbar gewesen wäre. Vor allem Grüngut landete vor zehn Jahren (zu) oft im Abfallsack. Immerhin war der Anteil Papier und Karton damals rückläufig.
Aus dem Abfall könne man durchaus den Umgang mit unseren Ressourcen ablesen, sagt Katrin Schneeberger: «Abfall ist ein Spiegelbild dessen, was wir konsumieren und eben auch das Ergebnis dessen, was wir wegwerfen. Wir merken, dass reiche Nationen mehr Abfall produzieren als ärmere Länder.»
Ziel: Recycling verbessern
Die regelmässige Untersuchung bringt also Erkenntnisse über das Konsumverhalten der Bevölkerung und seine Entwicklung. Die Analyse soll den Gemeinden aber auch wichtige Informationen für die Gestaltung und Optimierung ihrer Separatsammlungen liefern. Wer zum Beispiel einen weiten Weg zur Grünabfuhr hat, separiert das Grüngut weniger, sondern schmeisst es eben in den Abfall.
Welche neuen Entwicklungen in den letzten zehn Jahren passiert sind und welche Schlüsse das Bundesamt für Umwelt daraus zieht, das ist noch offen. Die Ergebnisse der Analyse soll im zweiten Halbjahr 2023 bekannt gegeben werden.