Über 200'000 Personen sind derzeit offiziell in Isolation oder Quarantäne (Stand 14.01.2022) – mit einer beträchtlichen Dunkelziffer. Die arbeitsrechtliche Lage während der Quarantäne ist dabei oft unklar. Arbeitsrechtsexperte Roger Rudolph erklärt, was unter den neusten Massnahmen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu beachten ist.
SRF News: Darf ich während meiner Quarantäne einfach im Homeoffice weiterarbeiten?
Roger Rudolph: Ja, das ist möglich. Sie müssen aber Ihre Homeoffice-Tätigkeit mit ihrer Arbeitgeberin abstimmen.
Mein Chef oder meine Chefin will, dass ich trotz Quarantäne zur Arbeit komme, wenn ich mich gesundheitlich dazu befähigt fühle. Darf der Arbeitgeber das?
Nein, wenn sie behördlich zur Quarantäne verpflichtet sind, muss dies auch von Ihrer Chefin/Ihrem Chef respektiert werden. Ausnahmen sind zum Beispiel bei besonderen Berufsgruppen im Gesundheitswesen denkbar. Möglich ist auch die Tätigkeit im Homeoffice.
Mein Chef oder Chefin will, dass ich meine Zeit in Quarantäne danach mit Überstunden wieder ausgleiche. Darf er oder sie das verlangen?
Nein, während einer vorgeschriebenen Quarantäne sind sie wie bei einer krankheitsbedingten Arbeitsverhinderung unverschuldet an der Arbeit verhindert und die entsprechende Ausfallzeit muss nicht nachgearbeitet werden. Zwar kann es sein, dass Sie nach der Rückkehr Überstunden leisten müssen, wenn dies betrieblich notwendig ist. Aber diese Mehrarbeit kann nicht auf Ihren quarantänebedingten Ausfall angerechnet werden.
Sicher haben Sie Anspruch auf Lohnfortzahlung, wenn Sie wegen der Symptome arbeitsunfähig sind.
Wie ist der Lohn während der Quarantäne geregelt?
Bei einer angeordneten Quarantäne richtet die Erwerbsausfallversicherung Taggelder aus, sofern Homeoffice-Arbeit nicht möglich ist. Die Entschädigung beträgt 80 Prozent des Erwerbseinkommens.
Und wie ist der Lohn während einer Isolation geregelt?
Da gilt es zu unterscheiden: Wenn ich während der Isolation krank bin, also wirklich Symptome habe, welche mich an der Arbeit hindern, gilt das gleiche wie bei jeder anderen Krankheit. Dann habe ich Anspruch auf Lohnfortzahlung nach den vertraglichen und gesetzlichen Regeln. Wenn ich hingegen nur in einer sogenannten Selbstisolation bin, also nur einen Verdacht habe und vorsichtshalber zuhause bleibe, dann ist die Rechtslage nicht abschliessend geklärt. Ich bin jedoch der Meinung, dass dies eine unverschuldete Arbeitsverhinderung ist. Entsprechend sehe ich da auch eine Lohnfortzahlung.
In Quarantäne muss zurzeit nur, wer engen Kontakt mit einer infizierten Person hatte. Ausgenommen sind Personen, welche in den letzten vier Monaten geimpft, geboostert oder genesen sind. Das ist eine grosse Lockerung. Was gilt, wenn der Arbeitgeber immer noch strengere Regeln hat?
Das kann der Arbeitgeber zwar machen, es liegt dann aber in seiner Verantwortung. Wenn also kein Homeoffice möglich ist, dann ist das ein sogenannter Arbeitgeberverzug. Sprich, der Arbeitgeber nimmt die Arbeit nicht an, obwohl er das nach behördlichen Verordnungen könnte. Auch dann haben Arbeitnehmer Anspruch auf Lohnfortzahlung.
Die Fragen stellten Alexandros Koulouris und Sabrina Lehmann.