Bislang trägt der Bund keine Kosten für Corona-Medikamente. Die Landesregierung lässt nun aber prüfen, wie der Bund die Herstellung und Entwicklung von Covid19-Arzneien stärken kann. Das teilte Gesundheitsminister Alain Berset am Mittwoch vor den Medien mit. Der Bund wolle in einer ersten Phase die Kosten für Antikörper-Medikamente übernehmen.
«Wir haben 100 Millionen Franken freigegeben, um Arzneimittel für besonders gefährdete Personen zu beschaffen», sagte Berset. So würden etwa sogenannte monoklonale Antikörper-Kombinationstherapien in der Schweiz bald verfügbar sein. Bis die Krankenversicherer die Kosten übernehmen, will der Bund für die Finanzierung dieser Behandlungen aufkommen.
Die Medikamentenforschung gegen das Coronavirus ist noch nicht weit fortgeschritten, während weltweit bereits mit verschiedenen Vakzinen geimpft wird. Mehrere Unternehmen präsentieren jetzt aber Studien, die aufhorchen lassen. Der Überblick.
Medikamente, die auf Antikörpern basieren
Der Cocktail von Roche
Das Medikament: Den Antikörper-Cocktail hat Roche zusammen mit seinem Partner Regeneron entwickelt. Es handelt sich um eine Kombination zweier monoklonaler Antikörper. Diese werden im Labor hergestellt und sollen das Virus nach einer Infektion ausser Gefecht setzen. Monoklonal bedeutet, dass die eingesetzten Antikörper alle gleich sind und das Virus an einem fest definierten Ziel angreifen.
Wirksamkeit: Nach Studiendaten kann der Cocktail das Risiko symptomatischer Corona-Infektionen um etwa 81 Prozent verringern. Bei Patienten klangen die Symptome demnach im Durchschnitt innerhalb einer Woche ab, verglichen mit drei Wochen in der Gruppe, welche nicht mit dem Cocktail behandelt wurden. Unerwartete ernste Nebenwirkungen seien nicht aufgetreten, heisst es in der Studie.
Aktueller Stand: Roche hat in der letzten Phase-III-Studie seine Ziele erreicht und eine hohe Wirksamkeit nachweisen können. Die europäische Arzneimittelbehörde EMA prüft das Präparat derzeit. In den USA hat das Mittel eine Notzulassung erhalten.
Die Spritze von Molecular Partners
Das Medikament: Das Heilmittel Ensovibep des Zürcher Unternehmens Molecular Partners und seines Partners Novartis basiert auf künstlichen Antikörpern – sogenannten Darpins. Diese sind eine Art Mini-Ausgabe der deutlich grösseren Antikörper. Ensovibep bindet das SARS-CoV-2-Protein mehrfach, um das Eindringen des Virus in die Zellen zu verhindern.
Wirksamkeit: Das Mittel ist Anfang April erstmals in einer klinischen Phase-II-Studie an Patienten mit symptomatischer Covid-19-Erkrankung getestet worden. Weitere Studien mit verschiedenen Ansätzen sind ebenfalls angelaufen, unter anderem in den USA. In dieser Studie des Nationalen Gesundheitsinstituts wird das Mittel auf Sicherheit und Wirksamkeit geprüft.
Aktueller Stand: Die Zulassung könnte noch 2021 beantragt werden. Die Schweizer Regierung hat für den Fall der Zulassung schon 3.2 Millionen Dosen von Ensovibep bestellt.
Die Spritze von Humabs Biomed
Das Medikament: Das Mittel mit der Bezeichnung VIR-7831 wird in den Muskel gespritzt. Dies muss in einem frühen Stadium des Krankheitsverlaufs geschehen. Es soll sowohl Jugendliche als auch Erwachsene vor schweren oder gar tödlichen Krankheitsverläufen bewahren. Hinter dem Medikament steckt das Tessiner Unternehmen Humabs Biomed, welche das Mittel in Zusammenarbeit mit dem britischen Riesen GlaxoSmithKline (GSK) entwickelt hat. Humabs ist seit 2017 Tochter der US-Biotechfirma Vir Biotechnology.
Wirksamkeit: Das Antikörper-Mittel soll mit einer Wirksamkeit von 85 Prozent schwere Verläufe verhindern. Zudem wirke es stark gegen mutierte Virenvarianten und mache diese unschädlich, so Humabs Biomed.
Aktueller Stand: Die Tessiner haben Ende März eine Notfallzulassung für die USA beantragt und rechnen damit, diese in den nächsten Wochen zu erhalten. Auch in weiteren Ländern wurden bereits Anträge gestellt.
Medikamente, die auf Cortison basieren
Der Asthmaspray mit Budesonid
Das Medikament: Asthmasprays enthalten Glucocortikoide, die Entzündungen hemmen und die Immunreaktion des Körpers abmildern. Ein weit verbreitetes Glucocortikoid ist Budesonid, dessen Wirkung Forscherinnen und Forscher nun bei Covid-19 untersucht haben – offenbar mit erfreulichem Resultat. Verschiedene Unternehmen vertreiben Asthmasprays, die Budesonid enthalten, so auch Astra-Zeneca.
Wirksamkeit: Wenige Tage nach Symptombeginn eingenommen, sinkt die Wahrscheinlichkeit einer Spitaleinweisung um 90 Prozent. Und: Auch das Risiko für Langzeitfolgen kann damit minimiert werden. Zu diesen Resultaten kommt zumindest eine Oxford Studie, die im Wissenschaftsmagazin «The Lancet» veröffentlicht wurde. Es ist eine der ältesten und renommiertesten medizinischen Fachzeitschriften der Welt.
Aktueller Stand: Das Mittel braucht kein Zulassungsverfahren und ist bereits auf dem Markt. Die Ergebnisse aus Oxford klingen hoffnungsvoll. Die geringe Teilnehmerzahl schränkt die Aussagekraft jedoch ein. Ausserdem fehlte eine Placebo-Kontrolle. Der deutsche Gesundheitsexperte und SPD-Politiker Karl Lauterbach bezeichnete den Spray in einer ersten Reaktion als «Game-Changer». Mit Budenosid wurde unter anderem der frühere US-Präsident Donald Trump während seiner Corona-Erkrankung behandelt.