Wie viel darf Ihre Mietwohnung kosten? Genau diese Frage hat das Bundesgericht neu beantwortet und die Berechnungsgrundlage für die zulässige Rendite eines Vermieters erhöht, und zwar deutlich.
Neu darf die zulässige Rendite eines Vermieters 2 Prozent über dem aktuellen hypothekarischen Referenzzinssatz sein und wäre damit aktuell bei 3.25 Prozent. Die Folge: Bei einem Wohnungswechsel drohen höhere Mieten. So könnten die Mietwohnungen laut Immobilienexperten um mehrere hundert Franken teurer werden. Pro Monat.
«Ein politisches Urteil»
Doch das Urteil gab in den letzten Tagen – gerade unter Mietrechtsexperten – aus ganz anderen Gründen zu reden. Denn die höchsten Richter in Lausanne fällten ihren Entscheid auch aufgrund von politischen Vorstössen, die noch mitten im politischen Meinungsbildungsprozess stecken.
Konkret greift das Bundesgericht einen Vorstoss von FDP-Nationalrat Olivier Feller auf, welcher unter anderem eine Erhöhung der zulässigen Rendite um 2 Prozent fordert. Das Geschäft kam im Nationalrat vor etwas mehr als einem Jahr durch. Die vorberatende Ständeratskommission lehnte es jedoch ab. Die politische Debatte ist für Mitte Dezember geplant.
Nun hat das Bundesgericht vorgegriffen und fällte einen juristischen Entscheid zu einem politischen Thema, dass noch mitten in der Debatte steckt. «Befremdlich» sei dies, sagt Nathalie Imboden, Generalsekretärin des Schweizerischen Mieterinnen- und Mieterverbandes. «Man hat fast schon den Eindruck, dass es sich um ein politisches Urteil handelt», moniert Imboden.
Man hat fast schon den Eindruck, dass es sich um ein politisches Urteil handelt
Formaljuristisch korrekt
Eine Praxis-Änderung des Bundesgerichts ist per se nichts Ungewöhnliches. Insbesondere im Lichte der Tatsache, dass die letzte Anpassung der Rechtsprechung bezüglich der Rendite-Berechnung auf das Jahr 1986 zurückgeht.
Formaljuristisch haben die höchsten Richter korrekt gehandelt, sagt der Experte für Verfassungsrecht Felix Uhlmann. «Das Bundesgericht hätte die Entscheidung auch ohne diese politischen Vorstösse treffen können, aber klar flossen die politischen Vorstösse, sowie die Kritik aus der Lehre an der aktuellen Berechnungsmethode in das Urteil ein.»
Vermieterlobby hat überzeugt
Kritik, die unteranderem auch von FDP-Nationalrat Olivier Feller kam. Seit Jahren engagiert sich der Generalsekretär des Westschweizer Hauseigentümerverbandes für eine Erhöhung der Miet-Rendite. Dass seine Argumente nun in den jüngsten Bundesgerichtsentscheid einflossen, sei nicht problematisch. «Das Bundesgericht hat den Entscheid getroffen, weil das Parlament seit Jahren nichts machen wollte. Und er fügt hinzu: «Vielleicht bedeutet es ja auch, dass mein Anliegen nicht unvernünftig war.»
Für Feller ist klar: Das Wesentliche seines Anliegens ist damit berücksichtigt. Auch ein Rückzug seines Vorstosses zog der FDP-Mann in Betracht. Doch dies ist zum aktuellen Zeitpunkt der parlamentarischen Debatte gar nicht mehr möglich.
Zeitpunkt ist suboptimal
Ob man mit dem Entscheid nun zufrieden ist oder nicht. Am Ende hat das Bundesgericht seine Praxis geändert. Das darf es. Dennoch bleibe der Zeitpunkt suboptimal sagt Jurist und Mietrechtsexperte Urs Hausmann. «Das, was entschieden wurde, ist eine Art politische Vorwegnahme einer möglichen neuen politischen Ausrichtung. Es wäre bedenkenswert gewesen, den politischen Prozess abzuwarten».
Denn eine Notwendigkeit, das Urteil gerade jetzt zu fällen, gab es nicht, so Jurist Hausmann. Fakt bleibt: Die Mieten dürften mit dem jüngsten Entscheid der höchsten Richter steigen. Am Ende zeigt der Fall aber auch wie schwierig die Abgrenzung ist zwischen juristischer Argumentation und politischer Beeinflussung.