Im Sommer 2022 brachte die Hitze Mensch und Natur ins Schwitzen. In den Alpen dringt die Wärme immer tiefer in den Permafrostboden. Die Temperaturen erreichen neue Rekordmarken. Dies zeigen aktuelle Zahlen des Schnee- und Lawinenforschungsinstituts (SLF).
«Es ist beeindruckend, wie sich die Klimaerwärmung in allen Daten im Permafrost widerspiegelt», sagt Jeannette Nötzli. Sie arbeitet am SLF in Davos und koordiniert das nationale Messnetz Permos, welches fast 30 Stationen umfasst und von sechs Institutionen betrieben wird. Seit vielen Jahren beobachtet Nötzli die Veränderungen im gefrorenen Untergrund.
Einmal mehr stellt die Expertin fest: Der Trend setzt sich fort, die Temperaturen im Permafrost kennen nur eine Richtung – nach oben. «An zwei Dritteln der Standorte haben wir neue Rekorde gemessen», erklärt die Spezialistin für Eis und Schnee.
Auftauprozess praktisch unumkehrbar
Sie verweist etwa auf das Stockhorn oberhalb von Zermatt. Auf über 3400 Metern über Meer erhöhten sich die jährlichen Durchschnittstemperaturen in zehn Metern Tiefe in den letzten 20 Jahren von minus 2.4 auf minus 1.4 Grad.
Es handelt sich um ein Resultat der Klimaerwärmung. Diese müssten wir stoppen, wollte man das Auftauen des Permafrostes beenden.
Am Blockgletscher Murtèl-Corvatsch im Engadin auf knapp 2700 Metern Höhe stieg die Temperatur im Permafrostboden in der gleichen Periode von minus 1.9 auf minus 1.1 Grad Celsius.
Beim Schilthorn, auf über 2900 Metern Höhe gelegen, stiegen sie von minus 0.5 auf plus 0.03 Grad. Auf dem bekannten Gipfel im Berner Oberland wurde die Null-Grad-Grenze schon zum zweiten Mal geknackt.
Seit 2010 treffen auch Daten vom Jungfrau-Ostgrat ein, wo die Temperaturen auf über 3500 Metern über Meer gemessen werden. In der kurzen Periode stiegen die Messwerte von minus 5.4 auf minus 4.5 Grad.
Die Perspektiven für den Permafrost sind düster. Jeannette Nötzli sieht kein Ende des Auftauprozesses. «Es handelt sich um ein Resultat der Klimaerwärmung. Diese müssten wir stoppen, wollte man das Auftauen des Permafrostes beenden.» Zudem werde sich die Erwärmung, die bereits in den obersten 10 bis 20 Metern stattgefunden habe, weiter in die Tiefe fortsetzen.
Bauen im Gebirge wird teurer
Die Entwicklung macht ganze Berge mürbe. Das Risiko von Felsstürzen steigt. So krachte etwa im Oktober 2015 ein riesiger Felsblock oberhalb von Evolène (VS) zu Tal.
Bergbahnen und SAC-Hütten haben schon seit längerem Probleme: Stehen Masten und Mauern auf instabilem Grund, wird der Bau und Unterhalt immer aufwändiger und teurer. Die Mutthornhütte im Berner Oberland musste 2022 sogar schliessen, weil der Boden zu instabil geworden war.