Seit fast einem Jahr ist Friederike von Houwald Direktorin des Berner Tierparks Dählhölzli. Am Montag hat sie ihre Strategie für die Zukunft des Zoos präsentiert. «Mehr Raum für Vielfalt» lautet das Motto und konzentriert sich laut den Verantwortlichen nicht auf die existierenden Gehege, sondern auf den Platz dazwischen.
Mehr Käfer und Spitzmäuse
1939 wurde in Bern der letzte Nashornkäfer gesichtet. Seither lebt er nur andernorts weiter. «Käfer haben eine schlechte Reichweite – das heisst, sie sind schlecht darin, sich auszubreiten», sagt Jürg Hadorn, Leiter Projekte des Tierparks. «Deshalb ist wichtig, dass wir Privatpersonen mit Gärten dafür gewinnen können, selbst auch etwas zu unternehmen.» Nur so sei es möglich, einst wieder eine stabile Population des Nashornkäfers hinzukriegen.
Zuerst wird im Tierpark Bern nun gezüchtet: «Das ist eine relativ unromantische Angelegenheit», so Hadorn. «Wir fermentieren kistenweise Pellets und Holz mit Mehl, Zucker und Hitze. Dann züchten wir Larven, diese verpaaren wir dann miteinander und so nimmt die Geschichte ihren Lauf.» Das Ziel sei, ungefähr fünf Käferarten heranzuzüchten.
Dieses Projekt hilft letztendlich auch dem Berner Stadtklima.
Das zweite grössere Projekt im Dählhölzli beschäftigt sich mit Kleinsäugerarten wie Mäusen, Spitzmäusen und Siebenschläfern. Bei ihnen geht es nicht um Zucht und Wiederansiedlung wie bei den Käfern. Doch viele Kleinsäuger sind vom Aussterben bedroht, weshalb der Tierpark Bern neue Lebensräume schaffen und bestehende aufwerten will.
Wer will schon Käfer anschauen?
Vor kurzem hatte der Berner Tierpark noch ein ganz anderes Projekt im Kopf: Man wollte die Bärenanlage erweitern. Doch machen die Verantwortlichen jetzt rechtsumkehrt und fördern statt der attraktiven Pelztiere die eher unbeliebten Insekten. Weshalb? «Es ist natürlich richtig, dass man sich lieber Giraffen anguckt. Aber den Käfern geht es gerade sehr schlecht», begründet Tierpark-Direktorin Houwald die neue Strategie. «Wenn man sich überlegt, weshalb es mit der Biodiversität den Bach runter geht, dann spielen die kleinen Tiere eine grosse Rolle.»
Gekostet habe die Initiative für die Käfer nicht viel, um die 20'000 Franken. Das Bärenprojekt wäre ungleich teurer gewesen, sagt die Dählhölzli-Direktorin. Da rechnete der Tierpark mit etwa 40 Millionen Franken. Schliesslich ist die neue Biodiversitätsstrategie also auch eine günstigere Zukunftsvision.
Geben werde es die grossen Tiere wie Moschusochsen, Flamingos oder Hirsche im Tierpark Bern aber weiterhin – auch wenn die Käfer im Moment etwas stärker ins Rampenlicht gerückt werden.