Das zeigt die Überprüfung: Das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic und die kantonalen Behörden kritisieren Schweizer Schönheitspraxen. Über die Hälfte – rund 55 Prozent – der untersuchten Betriebe hätten nicht die fachliche Qualifikation, um sogenannte Filler anzuwenden, heisst es in einem neuen Bericht.
«Diese Zahlen sind sehr besorgniserregend», sagt Bereichsleiterin Karoline Mathys von Swissmedic. 93 Prozent der unzulässigen Anwendungen fanden in Kosmetikstudios statt.
Welche Praxen und Kliniken hat man untersucht? Inspiziert und auf die Anwendung von Fillern überprüft wurden im Jahr 2024 insgesamt 82 Kliniken, Arztpraxen und Kosmetikstudios. Die Kontrollen erfolgten national abgestimmt durch die kantonalen Behörden sowie das Amt für Gesundheit Liechtenstein und Swissmedic. Die Kantone wählten die Einrichtungen grösstenteils aufgrund von Meldungen aus der Öffentlichkeit sowie Recherchen in sozialen Medien aus.
Welche Qualifikationen braucht man für die Filler-Behandlung? Kosmetikerinnen und Kosmetiker verfügen NICHT über die nötige Qualifikation. Für die Behandlung muss eine Ärztin oder Arzt vor Ort sein und die Behandlung selbst durchführen oder eine diplomierte Pflegefachperson beaufsichtigen.
«Man muss sich mit der Anatomie des Gesichts sehr gut auskennen», betont auch Mandana Péclard, leitende Ärztin der Praxis am Paradeplatz. Dafür brauche es neben einer medizinischen Ausbildung auch praktische Übung an einem Kadaver, damit man die verschiedenen Schichten des Gesichts verstehe.
Schwerwiegende Folgen für Gesundheit möglich: Filler werden meist ins Gesicht injiziert – und damit in einen Bereich, der von vielen Nerven und Blutgefässen durchzogen ist.
Trifft man mit einer scharfen Nadel eine Arterie, die durch das Hyaluronsäure-Gel verstopft, kann das bis zur Erblindung führen.
Eine Fillerinjektion an der falschen Stelle kann zu schwerwiegenden Gesundheitsschäden führen. «Mit Spritzen im Gesicht muss man äusserst sorgfältig umgehen. Trifft man mit einer scharfen Nadel eine Arterie, die durch das Hyaluronsäure-Gel verstopft, kann das zu Gewebezerfall bis zur Erblindung führen.» Die ganze T-Zone sei eine Gefahrenzone im Gesicht. «Wenn etwas schiefläuft, muss der Behandelnde das auch umgehend erkennen», so Péclard. Auch dafür brauche es Erfahrung und eine sofortige Nachbehandlung mit dem Gegenprodukt – der Hylase. Doch dieses Medikament sei ein rares Produkt und in unseriösen Studios gar nicht verfügbar.
Auch Mathys von Swissmedic warnt, eine falsche Anwendung könne zu Nervenschädigungen oder zu bleibenden Lähmungen führen.
Hier finden Sie den Bericht von Swissmedic
Daneben kann es zu weniger gravierenden ästhetischen Problemen kommen: «Filler können bei falscher Injektion in andere Gesichtsregionen migrieren und die Lippen und Wangen werden häufig überspritzt», so Péclard.
Wann sollte man skeptisch werden? «Wenn die Preise zu günstig sind, ist Vorsicht geboten», sagt Fachärztin Mandana Péclard. Angebote für Lippenaufspritzen für beispielsweise 200 Franken seien nie seriös. «Auch wenn es Preise pro injizierten Milliliter gibt, sollte man die Finger davon lassen.» Als Arztpraxis böte man eine Behandlung an und verkaufe keine Produktmengen.
Hat man zu lange weggeschaut? «Die Behandlungen werden zwar schon länger durchgeführt», sagt Mathys. Doch nun gebe es immer mehr Anbieter. Der Boom führe dazu, dass viele dieses Geschäft ausnutzen wollten.