Die Gegner des Eigenmietwerts blicken auf einen langen, leidvollen Kampf zurück - seit Jahrzehnten versuchen sie, die bei Hauseigentümern ungeliebte Steuer zu bodigen. Vergeblich – trotz Volksinitiativen und Vorstössen.
Heute aber ist aus Sicht des Präsidenten der zuständigen Wirtschafts- und Abgabekommission (WAK) ein Wendepunkt erreicht. «Mit dem Entscheid unserer Kommission haben wir einen eigentlichen Durchbruch erzielt, dass diesmal die Abschaffung gelingen könnte», stellt der Solothurner CVP-Ständerat Pirmin Bischof fest.
Ein Wendepunkt ist erreicht. Diesmal könnte die Abschaffung des Eigenmietwerts gelingen.
So sehen die Eckwerte einen Systemwechsel vor, wie die Kommission schreibt. Das heisst: Der Eigenmietwert wird abgeschafft. Gleichzeitig werden auch Abzugsmöglichkeiten für Hauseigentümer abgeschafft, also etwa Abzüge für Unterhaltsarbeiten oder für Schuldzinsen.
Hauseigentümerverband: Viele sind arg betroffen
Was bringt das alles nun dem Durchschnitts-Hauseigentümer? Das sei eine schwierige Frage, antwortet der Präsident des Hauseigentümerverbands, der SVP-Nationalrat Hans Egloff. Zu verschieden seien die Hausbesitzer. Die ältere Eigentümerin, die schon fast die ganze Hypothek abbezahlt hat, profitiere vom Wechsel. Weniger hingegen der Eigentümer, der eine hohe Hypothek und eine nötige grössere Renovation aufgestaut habe.
Egloff kommt daher zum Schluss: «Für die Gesamtheit der Hauseigentümer ist das bestimmt ein Gewinn, für den Einzelfall weiss ich es nicht. Aber es sind viele Menschen arg betroffen von der Besteuerung des Eigenmietwerts.»
Für die Gesamtheit der Hauseigentümer ist das bestimmt ein Gewinn
Ein «Systemwechsel» mit vielen Ausnahmen
Auf der anderen Seite wetzt der Mieterverband bereits die Messer. Die Vorlage sei inkonsequent: Für Hauseigentümer werde zwar der Eigenmietwert abgeschafft. Auf der anderen Seite würden aber doch nicht alle Abzüge restlos abgeschafft. Kantone zum Beispiel sollen Abzüge auf Unterhaltsarbeiten weiterhin erlauben, wenn es um Energiesparmassnahmen geht.
Auch sollen laut Kommission bestimmte Eigentümer weiterhin Schuldzinsen abziehen dürfen. Die Kommission fordert sogar einen neuen Abzug: Schuldzinsen von der Steuer absetzen sollen auch Personen, die zum ersten Mal in ihrem Leben ein Haus kaufen. Junge Familien etwa, die unter den aktuell hohen Immobilienpreisen leiden.
Mieterverband: «Löchrig wie ein Schweizer Käse»
Der Präsident des Mieterinnen- und Mieterverbands, der grüne Nationalrat Balthasar Glättli, kommentiert: «Es ist eben kein reiner Systemwechsel, sondern bereits wieder löchrig wie Schweizer Käse.» Wenn die Vorlage mit diesen vielen Ausnahmen komme, werde der Mieterverband mit grösster Wahrscheinlichkeit Nein sagen.
Bei so vielen Ausnahmen wird der Mieterverband wahrscheinlich ablehnen.
Abzug der Schuldzinsen weiter ein Thema
Störend aus Sicht der Linken ist etwa die vorgesehene Ausnahme bei den Schuldzinsen. Hier schlägt die Kommission vor, dass Hauseigentümer, welche Vermögenserträge haben, weiterhin Schuldzinsen von den Steuern abziehen dürfen. Das sind laut WAK Hausbesitzer, die zum Beispiel noch eine Wohnung vermieten und Mietzins einnehmen. Oder jene, die Wertpapiere haben und Erträge aus Dividenden beziehen. Gilt für sie eine Ausnahme, könnte bis zur Hälfte der gesamten Schuldzinsen auch weiterhin von den Steuern abgesetzt werden, heisst es bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung auf Anfrage.
Stichwort Verschuldung
Dabei warnt eine Expertengruppe im Auftrag des Bundesrats schon lange, dass Schweizer vergleichsweise sehr stark verschuldet seien. Das gefährde die Stabilität des Schweizer Finanzsystems. Die Politik müsse daher steuerliche Anreize für Verschuldung abschaffen. Auch WAK-Präsident Bischof sagt: «Es ist ein gewisses Unwohlsein spürbar. Private Hauseigentümer in der Schweiz sind europaweit fast am höchsten verschuldet.
Die Experten im Auftrag des Bundesrats verlangen daher einen reinen Systemwechsel. Das hiesse: Kein Eigenmietwert, aber auch keine Abzüge mehr – und zwar ausnahmslos. Diese Radikalität bringt der Vorschlag der Kommission nicht.
Positives Echo – doch die Details kommen noch
Dafür dürfte er politisch realisierbar sein: Von rechts bis in die Mitte gab es heute Lob. Und auch linke Wortführer schalten zumindest vorerst noch nicht auf Totalopposition. Mit den Einzelheiten befasst sich die Kommission dann Anfang nächsten Jahres.