«Ich finde, jeder sollte stolz sein auf das, was er ist oder woher er kommt.» Dieser Satz des 21-jährigen Hasan Mustafa steht im 10vor10-Interview für sein Selbstverständnis als Roma. Einer kulturellen Minderheit, von denen rund 80'000 in der Schweiz leben. Fast alle leben sesshaft, so wie Hasan Mustafa und seine Familie. Fahrende Roma, die die Schweiz oft im Sommer durchqueren, stammen hingegen meist aus den Nachbarländern.
Hasan Mustafa arbeitet als Abdichter und weiss auch um die von Verfolgung geprägte Vergangenheit seiner Vorfahren. «Dadurch, dass die Roma eine sehr weit zurückgehende Geschichte haben, und dadurch, was in der Geschichte alles passiert, ist es für mich umso mehr Grund, stolz darauf zu sein.»
Ein Lehrmittel mit den Betroffenen, nicht über sie
Zusammen mit seinem Zwillingsbruder Hysen, der als Metallbauer arbeitet, hat er an dem neuen Lehrmittel mitgewirkt – durch das Veröffentlichen ihrer Biografie. Dort geben auch Angehörige der Jenischen und Sinti Auskunft über ihr Leben und ihre Lebensweise. Denn es ist ein Lehrmittel mit den Betroffenen, nicht über sie.
Dem Mitautor Christian Mathis von der Pädagogischen Hochschule Zürich geht es darum, dass die Schülerinnen und Schüler durch die Biografien gesellschaftliche Strukturen erkennen und «vor allem den strukturellen Rassismus, der in der Schweiz herrscht, auch benennen und in eigenen Worten ausdrücken».
Das Buchprojekt wird auch von Stefan Heinichen begrüsst, er ist Mitglied der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus: «Das ist extrem wichtig: Nicht über irgendwelche Gruppen zu sprechen, sondern mit dieser Gruppe zu sprechen.»
«Roma gehören zur normalen Bevölkerung»
Die beiden Zwillinge Hasan und Hysen Mustafa wohnen mit ihrer insgesamt achtköpfigen Familie in Solothurn. Das Familienverständnis geht aber weiter – am Wochenende kommen schnell mal 30 bis 40 Personen zusammen, denn der Zusammenhalt ist allen wichtig.
Wir arbeiten auch ganz normal – wie jeder andere.
Das gilt auch für Nimon Mustafa, den Vater der Zwillinge und beruflich Pharmaprozessmitarbeiter. Er findet es gut, dass durch das Lehrmittel mehr Wissen über die Roma geschaffen wird und Vorurteile abgebaut werden: «Roma sind keine Diebe, Arbeitslose oder Verbrecher – Roma gehören zur ganz normalen Bevölkerung, wie alle anderen. Wir arbeiten auch ganz normal – wie jeder andere.»