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Das Verkehrsschild, das niemand will
Aus Rendez-vous vom 27.12.2022. Bild: ASTRA
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Neues Verkehrszeichen Carpooling – eine Idee bleibt im Stau stecken

Vortritt für Fahrgemeinschaften: Eine löbliche Idee scheitert am fehlenden Platz, wie Bund und Kantone bestätigen.

Stosszeit auf der Autobahn, viel Verkehr und bei Stau der nervöse Blick auf die Uhr. Ab dem neuen Jahr könnte es Entspannung geben, theoretisch. Ein neues Verkehrsschild soll jenen Autos eine Zusatzspur öffnen, die mit mehr als einer Person besetzt sind. Es zeigt einen Personenwagen mit einer Zahl, die angibt, wie viele Personen an Bord sein müssen, um von der Sonderspur profitieren zu können.

Die Idee dahinter: Fahrgemeinschaften sollen mit kürzeren Reisezeiten belohnt werden. Von mehr Zeit und weniger Autofahrten sollen am Ende Reisende und Umwelt profitieren. Eine gute Sache, theoretisch. «Wir sehen den Mehrwert einer solchen Spur. Allerdings haben wir nicht zu viele Spuren auf der Autobahn», gibt Thomas Rohrbach vom Bundesamt für Strassen (Astra) zu bedenken.

Astra: Keine Carpooling-Spuren geplant

Überall dort, wo man den Stau fahrgemeinschaftlich überholen und einen Vorsprung herausfahren könnte, ist Stau. Und damit gibt es Kapazitätsprobleme und keinen Platz für eine Zusatzspur.

Auf Bundesebene seien deshalb aktuell keine Spuren für gemeinschaftliches Fahren geplant, stellt Rohrbach fest: «In den Astra-Werkhöfen werden wir vermutlich heute und auch am 1. Januar noch kein solches Schild sehen, weil es schlicht noch keine realisierungsreifen Projekte gibt.»

Das neue Verkehrsschild – ein Papiertiger?

Es bleiben die Kantone und Gemeinden mit ihren Strassen. Sie haben die Schaffung der neuen Verkehrsregel mehrheitlich begrüsst. Auf Anfrage tönt es aber auch dort fast überall gleich: «Es ist nicht möglich, Carpooling anzubieten.» – «Das Strassennetz ist in unserem Kanton nicht geeignet.» – «Aktuell kein Thema», heisst es bei den Tiefbauämtern.

Die meisten kantonalen Strassen haben nur eine Spur pro Richtung. Und gerade Städte wollen auch an Kreuzungen oft lieber Velos und den öffentlichen Verkehr fördern, als gemeinsames Autofahren.

Basel etwa teilt mit, wo Platz für eine zweite Spur sei, erstelle man lieber eine Busspur, Velostreifen oder im Zweifel pflanze man Bäume. Das bringe «einen grösseren Nutzen für eine stadtgerechte Verkehrsentwicklung». Die Begeisterung für die neue Verkehrsregel ist kurz vor der Einführung also nahe bei null.

Tessin und Genf machen im kleinen Rahmen weiter

Unterstützung kommt aus dem Tessin, wo die neue Idee in einem Pilotversuch getestet wurde. Auf 300 Metern vor einem Grenzübergang durften Fahrgemeinschaften auf der Busspur den Stau überholen. Grundsätzlich funktioniere das, sagt der Tessiner Kantonsingenieur Mirco Moser.

Carpooling.
Legende: Verkehrsschild mit Hinweis auf die erste Carsharing- oder Fahrgemeinschaften-Fahrspur beim Zollübergang Brusata bei Novazzano am 3. April 2019. Keystone/Davide Agosta

Aber bei zu vielen Fahrgemeinschaften auf der Busspur bleibe dann eben der Bus im Stau stehen, so Moser. Wenn mehr als zwei Prozent der Autos wechselten, sei das bereits zu viel. Das Potenzial für zusätzliche Autos, die besser ausgelastet sind, ist also sehr beschränkt.

Trotzdem soll im Tessin jetzt die Zahl der Grenzübergänge mit speziellen Spuren verdoppelt werden – auf zwei. Und auch Genf, das eine Teststrecke hatte, prüft an zwei weiteren Stellen die Einführung. Vorderhand dürfte es also meist beim Blick auf die Uhr bleiben, wenn es staut – und vielleicht beim Gespräch über eine Sonderspur für Fahrgemeinschaften, sofern man nicht alleine unterwegs ist.

Rendez-vous, 27.12.2022, 12:30 Uhr

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