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Wüste Szenen bei Demonstrationen vor dem Bundeshaus
Aus Rendez-vous vom 17.09.2021. Bild: Keystone
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Neuradikalisierte Ein bedenklicher Radikalisierungsschub der Massnahmenkritiker

Es waren wüste Szenen in Bern. Durch zu wenig Kommunikation habe der Bundesrat gewissermassen dazu beigetragen, so ein Experte.

Mehrere tausend Menschen haben am Donnerstag in Bern demonstriert, bei aufgeheizter Stimmung, mit Provokationen und Handgemenge. Auf dem Bundesplatz haben einige von ihnen an der Absperrung gerüttelt – trotz Aufrufen, das zu lassen. 

Schilderung von Berner Polizeichef Christoph Gnägi

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Legende: Die Polizei benutzt Wasserwerfer gegen Demonstrierende. Keystone

«Trotz Aufrufen, das zu lassen, wurde an der Sperre weiterhin manipuliert. Dann wurden unzählige Gegenstände, Flaschen, Holzscheite gegen das Bundeshaus, die Einsatzkräfte und Diensthunde geworfen und letztlich auch die Einsatzkräfte mit Feuerwerk und Knallpetarden angegriffen. Deshalb haben wir dann den Wasserwerfer, Reizstoff und Gummischrot eingesetzt und die Kundgebung polizeilich aufgelöst.»

Der Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause sprach auf dem Kurznachrichten-Kanal Twitter von einem verhinderten «möglichen Sturm» auf das Bundeshaus. Übertrieben findet er seine Aussage nicht. «Diese Bilder vom Kapitol in den USA kursieren in den einschlägigen Foren der Massnahmenskeptiker.» Die Polizei müsste vermehrt mit Personenschutz arbeiten.

Video
Berner Polizei setzt Wasserwerfer gegen Corona-Demonstranten ein
Aus Newsflash vom 16.09.2021.
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Die Stimmung werde zusehends aggressiver, solche Attacken wie am Donnerstag habe Nause noch nie gesehen. «Im Moment läuft die Session der eidgenössischen Räte. Es kann nicht sein, dass plötzlich Scheiben zu Bruch gehen.» Eine rote Linie sei überschritten worden.

Diese Vor-Ort-Analyse durch die Sicherheits- und Einsatzkräfte in der Bundesstadt teilt auch der Experte Oliver Nachtwey in gewisser Hinsicht. Der Soziologie-Professor befasst sich an der Universität Basel mit der Bewegung gegen die Corona-Massnahmen.

Man sieht durchaus, dass sich ein Teil dieser Bewegung der Massnahmenkritikerinnen und -kritiker in den letzten Wochen sehr stark radikalisiert hat.
Autor: Oliver Nachtwey Professor für Soziologie, Universität Basel

Er sieht zwar keinen konzertierten und geplanten Sturm nach amerikanischem Vorbild, aber: «Man sieht durchaus, dass sich ein Teil dieser Bewegung der Massnahmenkritikerinnen und -kritiker in den letzten Wochen sehr stark radikalisiert hat.» Durch den Beschluss des Bundesrates der strengeren Massnahmen habe es einen Radikalisierungsschub inklusive einer Militanz gegeben.

Kommunikation: zu wenig, zu plötzlich

Nach Nachtwey hat der Bundesrat die aktuellen, verschärften Massnahmen zu plötzlich und zu wenig gut kommuniziert und so gewissermassen zur Radikalisierung beigetragen. Oliver Nachtwey kann nicht ausschliessen, dass an der Demonstration auch die üblichen Krawallmacher von links und rechts dabei waren.

Doch seine Forschungen zeigten: «Es handelt sich häufig um Neuradikalisierte, auch aus der bürgerlichen Mitte heraus, die über die letzten Monate über die Massnahmenkritik eine sehr starke Selbstradikalisierung erfahren haben; und damit demokratische Normen überschreiten. Das ist für eine Demokratie bedenklich.» Mehr Dialog hätte eine solche Entwicklung möglicherweise verhindern können, spekuliert Experte Nachtwey.

SRF 4 News, Rendez-vous, 17.09.2021, 12:30 Uhr

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