Die Covid-19-Pandemie hat sie unbarmherzig von der Strasse und damit aus der Öffentlichkeit verbannt. Dabei hatten die Klimajugendlichen eine beachtliche Leistung hingelegt. In ihrem ersten Demonstrationsjahr, vom Mitte Dezember 2018 bis Mitte Dezember 2019 führten sie 170 Klimastreiks durch, zogen durch die Strassen von 60 Städten. An der nationalen Klimademo in Bern am 28. September vergangenen Jahres nahmen etwa 100'000 Menschen teil. Der Historiker Stefan Rindlisbacher bezeichnete die Klimastreiks gegenüber SRF News als «grösste Jugendproteste der Schweizer Geschichte».
Trotz Rekordstreiks magere Bilanz
Jetzt sind sie zurück aus der Streikzwangspause. Und immer noch wütend. Die Politik habe «ihnen vor den Wahlen viel versprochen», sagt die Berner Gymnasiastin Lea Zysset. «Es wurde uns gesagt, dass ambitionierte Klimaziele verfolgt würden. Dies ist jetzt jedoch nicht der Fall und die Politik ist nicht ehrgeizig genug, netto null bis 2030 zu erreichen», kritisiert Zysset.
Die Klimaaktivistinnen und -aktivisten sind überzeugt, dass die Schweiz ihren Treibgasausstoss bis 2030 auf Null bringen müsse, um die Erderwärmung auf maximal 1.5 Prozent Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Sie lehnen sich mit dieser Zielvorgabe an den Bericht der Forscherinnen und Forscher des Weltklimarats von 2018 an.
Die Schweiz und die EU hingegen wollen netto null bis 2050 erreichen. Von dem neuen, grüneren Parlament hatten sie erwartet, dass es sich mehr an ihren Zielen orientieren würde. Doch das ist nicht passiert. Das revidierte CO2-Gesetz bezeichnen sie als unzureichend.
Strategiewechsel: Ja oder Nein?
Was tun? Müssten die Klimajugendlichen nicht ihre Strategie überdenken? Sie tun es bereits. Aber sie sind eine Bewegung, in der sich jeder und jede einbringen soll. Gegenwärtig diskutieren sie kontrovers darüber, ob sie sich den Parteien annähern oder eine Bewegung von unten bleiben wollen.
Und das ist gerade ihr Dilemma. Veränderungen gehen nur über den institutionellen Weg. Das haben andere Bewegungen vor ihnen auch erkennen müssen, etwa die Grünen in der Schweiz, die aus der Anti-Atomkraftbewegung hervorgegangen sind.
Die Klimajugendlichen haben sich für einen Methodenwechsel entschieden. Sie wollen nicht mehr bloss streiken. Mit orchestrierten, gewaltfreien Aktionen wollen sie stärker auf sich aufmerksam machen. Das Repertoire soll aus dem Bereich «ziviler Ungehorsam» kommen. Was man sich genau darunter vorstellen soll, ist noch geheim. Sie wollen mit ihren neuen Aktionen bewusst auch Regeln brechen. In Aktionstrainings haben sie sich in den vergangenen Monaten darauf vorbereitet. Der Testlauf beginnt während der Herbstsession. Damit suchen die Aktivistinnen und Aktivisten der jungen Klimabewegung die Auseinandersetzung direkt mit den Politikerinnen und Politikern.