Viele Erwachsene in der Schweiz haben in den letzten Wochen zähneknirschend die Steuererklärung ausgefüllt. Und so manche dürften sich dabei gedacht haben: Der Staat macht keine Geschenke.
Ganz anders im Kanton Freiburg. Zumindest, wenn man gerade volljährig wurde: Dort erhalten künftig alle 18-Jährigen vom Kanton ein Online-Jahresabo eines Regionalmediums geschenkt – und das für drei Jahre.
Die Idee zielt darauf ab, das Interesse der Jugendlichen zu wecken und das demokratische Funktionieren zu gewährleisten.
Das Kantonsparlament hat ein entsprechendes Gesetz am Donnerstag deutlich angenommen. Die Kosten für die Gratis-Abos für rund 3700 Jungbürgerinnen und Jungbürger pro Jahr werden mit jährlich 175'000 Franken beziffert.
«Mutig!»
«Die Idee zielt darauf ab, das Interesse der Jugendlichen zu wecken und das demokratische Funktionieren zu gewährleisten», erklärte Volkswirtschafts- und Berufsbildungsdirektor Olivier Curty im Grossen Rat. Gleichzeitig sollen die regionalen Medien damit gestärkt werden.
Mark Eisenegger leitet das Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft (fög) an der Universität Zürich. Dieses untersucht regelmässig die Mediennutzung in der Schweiz und warnt seit Jahren davor, dass junge Erwachsene immer weniger Qualitätsnews konsumieren.
Eiseneggers erste Reaktion auf die Freiburger «Medienoffensive»: «Mutig! Es ist toll, dass der Kanton Freiburg vorangeht und etwas probiert.» Denn tatsächlich nehme das Problem der News-Deprivation weiter zu.
«Flop nicht ausgeschlossen»
Studien zeigen allerdings: Viele Jugendliche lesen auch keine Gratiszeitungen mehr. Wird sich das Interesse am Gratisabo für Zeitungen also in Grenzen halten? Im Freiburger Kantonsparlament gab es denn auch skeptische Stimmen. Die FDP und die SVP hinterfragten die Notwendigkeit der Massnahme.
Zudem bezweifelten mehrere Politiker den Erfolg des Angebots. «Ein Flop ist nicht ausgeschlossen», sagte der Mitte-Politiker Christian Clément. Sein FDP-Kollege Savio Michellod wies darauf hin, dass ähnliche Initiativen in letzter Zeit nur sehr beschränkt angenommen worden seien.
Für Eisenegger lohnt es sich aber «auf jeden Fall», die Jugendlichen mit einem Zeitungsabo zu beschenken. «Es ist gewissermassen ein Sozialexperiment mit offenem Ausgang.» Der oft nur sporadische Kontakt junger Menschen mit klassischen Medien könne dadurch intensiviert werden, hofft der Medienforscher.
Wichtige «Wachhund-Funktion» der Medien
Und: Lokale Zeitungen seien sehr wichtig für die föderalistische Schweiz und das demokratische Gemeinwesen. Insofern mache es durchaus Sinn, das Angebot auf regionale Zeitungen zu beschränken. Gerade lokale Gebiete seien von einem besonders starken Medienschwund betroffen, erklärt Eisenegger: «Wenn Zeitungswüsten entstehen, spielt auch die Watchdog-Funktion der Medien nicht mehr gleich gut. Und fehlt diese Kontrollfunktion, kann das etwa in der Politik zu mehr Korruption führen.»
Mit dem Verschenken von Abos sei es aber nicht getan, schliesst der Experte: Die Freiburger Initiative solle nämlich im Austausch mit den Jungen eng begleitet werden. «Wir müssen genauer verstehen, wie man Journalismus verändern sollte, damit man junge Menschen besser ansprechen kann.»