Zum Inhalt springen
Audio
Niedergang mit Ansage: Geschichte der Ausserrhoder Kantonalbank
Aus Regionaljournal Ostschweiz vom 28.10.2024. Bild: Keystone/Christoph Ruckstuhl
abspielen. Laufzeit 12 Minuten 52 Sekunden.

Niedergang mit Ansage Ein dunkles Kapitel: der Fall der Ausserrhoder Kantonalbank

Die Ausserrhoder Kantonalbank brach Ende der 1980er-Jahre zusammen; Skandale und Fehlentscheidungen führten zum Verkauf.

Nach fast drei Jahrzehnten ist der Niedergang der Appenzell Ausserrhoder Kantonalbank (ARKB) um ein Kapitel reicher.

Die ARKB beschäftigt die Politik in Appenzell Ausserrhoden bis heute. Insbesondere, was mit dem Bankarchiv passiert, war jahrzehntelang ein umstrittenes Thema. 1996 wurde die Kantonalbank von der heutigen UBS übernommen – mit dem Verkauf der Kantonalbank an die UBS wechselte auch das Bankarchiv den Besitzer.

Schwierige Verhandlungen mit UBS

Nach Vorstössen der SP wurden die Bemühungen intensiviert, die Akten wieder in den Besitz des Kantons zu bringen. Ein entsprechender Vorstoss im Kantonsparlament zur Übergabe der Dokumente wurde nun nach über zehn Jahren abgeschlossen. Die Übergabe ist geregelt, wenn auch mit Einschränkungen.

Bild der Firmenanschrift
Legende: Die Firmenanschrift der früheren Kantonalbank von Appenzell Ausserrhoden. KEYSTONE/CHRISTOPH RUCKSTUHL

Geregelt wurde, dass die Akten wieder physisch im Staatsarchiv in Herisau sind. Aufgrund des Bankkundengeheimnisses gehören sie rechtlich jedoch teilweise der UBS. Eine vollständige Übergabe an das Staatsarchiv ist erst nach Ablauf einer Frist von bis zu 60 Jahren möglich. So wollte es die UBS.

Bild eines Gebäudes
Legende: Das Gebäude der Appenzell Ausserrhoder Kantonalbank in Herisau, aufgenommen 1993. Keystone/str

Nur wenige wussten damals, dass die Ausserrhoder Kantonalbank bereits Ende der 1980er-Jahre in Schieflage geraten war, erklärt der Journalist Hanspeter Strebel. Anfangs waren die Hinweise subtil. «Die Geschäftsberichte sind im Kantonsrat kommentarlos durchgewunken worden», erinnert sich Strebel

Hanspeter Strebel

Box aufklappen Box zuklappen

Hanspeter Strebel war über 16 Jahre, seit Januar 1994, Teil des Redaktionsteams der Appenzeller Zeitung.

Zunächst war er als Lokalredaktor für das Mittelland und das politische Geschehen in den beiden Appenzell zuständig. Von 1998 bis 2003 war er Chefredaktor.

Schon vor seiner Zeit bei der Appenzeller Zeitung berichtete er als Journalist über den ausserrhodischen Kantonsrat.

Als jedoch in der Filiale Teufen Veruntreuungen und Pflichtverletzungen aufgedeckt wurden, kam es zu Entlassungen und strafrechtlichen Konsequenzen. «Das war ein erster Warnschuss, dass bei der Bank und der Führung nicht alles mit rechten Dingen zugeht.»

Heikle Investments und deren Folgen

Der Niedergang wurde durch riskante Investitionen beschleunigt. Die Bank habe zum Beispiel zwei Millionen Franken in eine Lachsfarm in Kanada investiert, die letztlich gescheitert ist, sagt Strebel.

Auch eine Investition in ein Bordell in Genf, das von einem nordafrikanischen Waffenhändler erworben worden war, geriet in die Kritik. Die Politik liess die Bank lange Zeit walten, selbst als die finanziellen Schwierigkeiten immer offensichtlicher wurden. «Dahinter steckte ein Systemversagen», sagt Strebel. Die Bank erhielt sogar Warnbriefe der Eidgenössischen Bankenkommission, ohne dass Konsequenzen folgten.

Viele Politikerinnen und Politiker dürften aber von der prekären Lage gewusst haben, denn die Summen, die der Kanton jährlich zuschiessen musste, wuchsen stetig.

Die Öffentlichkeit ahnte nichts von den Problemen. Im Gegenteil: Die Verantwortlichen holten die Bevölkerung mit der Ausgabe von Partizipationsscheinen ins Boot, so Strebel.

Der Paukenschlag kurz vor Weihnachten 1995

Mit dem Eintritt des späteren Bundesrats Hans-Rudolf Merz (FDP) in die Bankleitung keimte Hoffnung auf.

Ein Bild von Marianne Kleiner
Legende: Marianne Kleiner (FDP), erste weibliche Frau Landammann von Appenzell Ausserrhoden, bewältigte die Kantonalbank-Krise und sanierte erfolgreich die Kantonsfinanzen. 2002 wurde sie zur «Finanzdirektorin des Jahres» gekürt. Keystone

Doch die Lage verschlechterte sich weiter, und Merz und die damalige Finanzdirektorin und spätere Nationalrätin Marianne Kleiner (FDP) sahen schliesslich keinen anderen Ausweg, als die Bank zu verkaufen. Die Bank ging an die Schweizerische Bankgesellschaft, eine Vorgängerin der UBS. Der Preis: 180 Millionen Franken.

Die Leute hatten das Gefühl, vom ganzen System betrogen worden zu sein.
Autor: Hanspeter Strebel Journalist

Der Verlust der eigenen Kantonalbank hat Spuren hinterlassen. «Die Leute hatten das Gefühl, vom ganzen System betrogen worden zu sein», sagt Strebel. Auch, weil bis heute viele Fragen zu den damaligen Ereignissen offen sind.

Regionaljournal Ostschweiz, 28.10.2024, 17:30 Uhr ; 

Jederzeit top informiert!
Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.
Schliessen

Jederzeit top informiert!

Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Mehr

Push-Benachrichtigungen sind kurze Hinweise auf Ihrem Bildschirm mit den wichtigsten Nachrichten - unabhängig davon, ob srf.ch gerade geöffnet ist oder nicht. Klicken Sie auf einen der Hinweise, so gelangen Sie zum entsprechenden Artikel. Sie können diese Mitteilungen jederzeit wieder deaktivieren. Weniger

Sie haben diesen Hinweis zur Aktivierung von Browser-Push-Mitteilungen bereits mehrfach ausgeblendet. Wollen Sie diesen Hinweis permanent ausblenden oder in einigen Wochen nochmals daran erinnert werden?

Meistgelesene Artikel