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«Mobility Pricing» – eine Sackgasse
Aus Echo der Zeit vom 25.01.2017. Bild: Keystone
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Mobility Pricing Niemand will Leuthards Medizin gegen den Verkehrskollaps testen

  • Die Stadt Rapperswil-Jona verzichtet auf die Teilnahme an einem Pilotversuch zum Mobility Pricing.
  • Mobility Pricing soll Kapazitätsengpässe auf Strasse und Schiene mit höheren Preisen zu Spitzenzeiten entschärfen.
  • Doris Leuthard stellte das neue Tarif-Konzept Mitte 2016 vor und versucht seither Kantone und Gemeinden für Pilotversuche zu gewinnen.
  • Schon früher abgesagt haben Stadt und Kanton Bern, die Stadt Zürich.
  • Offen sind noch die Antworten der Kantone Genf, Zug und Tessin.

Hiess es im Sommer noch, Rapperswil-Jona würde als Knotenpunkt von Schiene und Strasse gerne bei einem Pilotversuch zum Mobility Pricing mitmachen, will die Stadtregierung nun nichts mehr davon wissen.

Das vom Bundesrat lancierte Projekt sei zwar für den Stadtrat von Rapperswil-Jona nachvollziehbar, teilte er mit. Die Stadt verfolge ein eigenes Projekt zur Mobilitätszukunft. Parallel dazu einen Versuch mit Gebühren für Pendler zu starten, wäre zu viel des Guten, wie Rapperswils Stadtpräsident Martin Stöckling mein.

Was ist Mobility Pricing?

Wer viel fährt, insbesondere zu Stosszeiten, soll auch entsprechend dafür bezahlen – egal, ob auf der Strasse oder mit der Bahn unterwegs. Damit verbinden viele die Hoffnung, dass auch der Verkehr gelenkt und Stauspitzen gebrochen werden können.

Absagen aus Bern und Zürich

Bereits im November sprach sich das Berner Kantonsparlament gegen einen Pilotversuch aus. Mobility Pricing sei aufwändig und teuer, zudem könnte die Landbevölkerung benachteiligt werden, weil diese mehr und weiter Auto fahren müsse.

Auch die Städter und das links-grüne Lager sind skeptisch, weil das Mobility Pricing nicht nur das Auto, sondern auch den öffentlichen Verkehr umfasst. Darum sprach sich auch die Stadt Bern gegen einen Versuch aus, wie zuvor schon die Stadt Zürich.

Pendler strömen aus einem Intercity.
Legende: Die Pendlerspitzen sollen geglättet werden – mit finanziellen Anreizen. Keystone

Letzte Hoffnung: Genf, Zug und Tessin

Auf der Liste der möglichen Versuchsfelder stehen nun noch die Kantone Zug, Genf und Tessin. In Zug gibt es noch kein konkretes Projekt, wo und wie man Mobility Pricing testen könnte. Regierungsrat Urs Hürlimann macht indes klar: «Wir sind zwar bereit, hier mitzudenken, aber ohne jegliche Kostenfolge für den Kanton Zug.»

Auch im Tessin ist nichts Konkretes zu erfahren. Man werde in den kommenden Monaten einen Zwischenbericht nach Bern schicken, teilt Bellinzona auf Anfrage mit.

Stadt und Kanton Genf tüfteln auf eigene Faust an einem Strassen-Gebührensystem. Ob sich das zu einen Versuch für ein eigentliches Mobility Pricing erweitern lässt, das auch den öffentlichen Verkehr umfasst, ist fraglich.

Simulieren statt ausprobieren

Zurzeit sieht es also nicht gut aus für einen Realitäts-Check mit den Pendlergebühren. Beim Bundesamt für Strassen betont Sprecher Michael Müller zwar, dass noch nicht alle Regionen abgesagt hätten.

Er lässt aber durchblicken, dass man schon einen Plan B in der Schublade habe, falls am Schluss niemand mitmachen wolle. «Dann könnte man das auch theoretisch überprüfen, indem man alle Bedingungen eingibt und dann schaut, was hinten rauskommt.»

Wie würde es funktionieren?

Strassenverkehr: Der Preis der Mobilität soll von der Nutzung abhängen. Diese wird über ein «Smart Divice» erfasst, etwa über das Smartphone. Autofahrer müssten eine Kilometerabgabe und zu Hauptverkehrszeiten eventuell an neuralgischen Stellen einen Kilometerzuschlag entrichten. Beides würde schrittweise bestehende Abgaben ersetzen, wie den Mineralölsteuerzuschlag, die zweckgebundene Mineralölsteuer, die Automobilsteuer, die Vignette und kantonale Motorfahrzeugsteuern. Spezielle Lösungen bräuchte es für Gelegenheitsnutzer.
Öffentlicher Verkehr: Auf besonders stark belasteten Bahn-, Bus- und Tramlinien würden örtlich und zeitlich differenzierte Tarife eingeführt. Kompensiert werden soll das mit geringeren Tariferhöhungen. Voraussetzung dafür ist ein elektronisches Erhebungssystem, mit dem das Ein- und Aussteigen im Fahrzeug registriert und verrechnet wird. Das Generalabonnement (GA) soll ein wichtiges Angebot bleiben, aber in angepasster Form.

Nicht wie im richtigen Leben

Der Luzerner Verkehrsforscher Timo Ohnmacht hält einen virtuellen Test zwar für möglich, da man aus Umfragen wisse, wie etwa Pendler auf Zusatzgebühren reagieren würden. Allerdings basierten die Aussagen darin immer auf hypothetischen Entscheidungen.

«Ob die Menschen sich im richtigen Leben dann genau so verhalten, wie den Fragebögen zu entnehmen ist, sei dahingestellt. Deshalb wären Erfahrungswerte von den Pilotregionen wertvoll, um die wahren Effekte von Mobility Pricing abzuwägen», sagt Ohnmacht.

Ob doch noch ein Realitäts-Check mit Mobility Pricing zustande kommt, klärt sich in den nächsten Monaten. Bis im Sommer sollen die Gespräche mit den Kantonen abgeschlossen sein. Dann entscheidet der Bundesrat.

Mobility Pricing

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