Beim Stichwort Geothermie werden bei vielen Erinnerungen an die Erdbeben in Basel oder St. Gallen wach. An beiden Orten kam es vor einigen Jahren im Zuge der Bohrarbeiten zu Erdbeben der Stärke 3,5. Die Geothermie-Projekte mussten abgebrochen werden.
Seither ist es ruhig geworden um die tiefe Geothermie in der Schweiz. Doch abgeschrieben ist sie noch lange nicht – im Gegenteil. Der Bund glaubt weiterhin daran, dass diese Energiegewinnung bei der Energiewende eine wichtige Rolle spielen kann. Doch noch ist viel Forschung notwendig.
Beben hängen nicht unbedingt vom Druck ab
Grundlagenforschung wurde in letzter Zeit etwa an der Grimsel durchgeführt: Dort haben Forscherinnen und Forscher metertief in den Granit gebohrt um herauszufinden, wie Energie und Wärme aus dem Untergrund gewonnen werden können, ohne dass es zu starken Erdbeben kommt.
Nach den Arbeiten im Berg stehen die Forscher nun vor einem Berg an Daten. Sie zeigen, dass nicht entscheidend ist, ob viel oder wenig Druck in das Gestein gejagt wird, sondern, wie das Gestein beschaffen ist.
Detailliertere Voruntersuchungen nötig
So ist Granitgestein etwa von bruchähnlichen Adern durchzogen. Von diesen Brüchen hänge ab, ob das Verfahren gelinge und ob es zu Beben komme, sagt Valentin Gischig vom Forschungsprojekt. Statt über viel oder wenig Druck zu diskutieren, müsse man im Vorfeld deshalb vielmehr die feinen geologischen Strukturen des Bodens noch besser untersuchen.
Gleichzeitig ergebe es Sinn, das Bohrloch in einzelne Abschnitte zu unterteilen, damit der ausgewählte Abschnitt besser überwacht werden könne. «Es müssen kleine Abschnitte des Bohrlochs stimuliert werden können», so Gischig. Früher habe man das ganze Bohrloch gleichzeitig stimuliert – bis in mehrere hundert Meter Tiefe. Mit den neuen Erkenntnissen habe man nun ein Werkzeug, um künftige Projekte besser zu planen.
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BFE hofft weiter auf die Geothermie
Dennoch kommt die Geothermie in der Schweiz bisher nur im Bereich Wärme vom Fleck. Bei der Stromproduktion hingegen konnte noch kein einziges Projekt realisiert werden. Zu gross scheint die Ablehnung in der Bevölkerung, zu gross ist die Skepsis bei den Investoren. Trotzdem will der Bund die Stromgewinnung durch Geothermie nicht abschreiben.
«Wir glauben durchaus daran», sagt etwa sagt Sabine Hirsbrunner vom Bundesamt für Energie (BFE). In einem Szenario zur Energiezukunft formulierte der Bund einst, dass fünf bis zehn Prozent des Strombedarfs durch Geothermie gewonnen werden könnten. Ob das allerdings realistisch ist, glaubt man selbst in der Geothermie-Branche kaum.
«Es braucht eine Riesenanstrengung, damit wir das erreichen», sagt deshalb der Präsident von Geothermie Schweiz, Willy Gehrer. Man müsse das Szenario des Bundes wohl relativieren. Als Branchenvertreter wolle er aber optimistisch bleiben.
Bund verstärkt Förderung der Geothermie
Tests wie jene an der Grimsel seien wichtige Zwischenschritte, so Gehrer. Die Erkenntnisse zeigten, dass es nun mehr Explorationsbohrungen brauche. «Da sind wir gegenüber unseren Nachbarländern massiv im Hintertreffen, denn bei uns gibt es praktisch keine Explorationsbohrungen», beklagt der Geothermi-Präsident.
Neuerdings gibt es für solche Erkundungsbohrungen sogar Geld vom Bund. Das ist in der Energiestrategie so vorgesehen. In der tiefen Geothermie sei dadurch eine neue Dynamik entstanden, betont Hirsbrunner vom BFE.
Entsprechend erwarte der Bund einen massiven Aufschwung seitens der Industrie. Bereits sei eine grössere Nachfrage nach Fördermitteln zu spüren, «insbesondere in der Romandie».
Auch ist bereits eine nächste grosse Testbohrung aufgegleist. So wird im Bedretto-Stollen ein Experiment vorbereitet, das eine Dimension grösser ist als jenes an der Grimsel. Fazit: Die tiefe Geothermie wird weiter vorangetrieben – doch es bleibt noch viel Grundlagenforschung zu leisten.