In der Berner Innenstadt haben am Donnerstagabend laut einer Schätzung der Nachrichtenagentur Keystone-SDA rund 700 Personen gegen die geltenden Corona-Massnahmen demonstriert, die Veranstalter sprechen von mehreren tausend Teilnehmern. Der spontane Demonstrationsaufruf von verschiedenen Vereinen und Gruppierungen erfolgte nach der Ankündigung des Bundesrates vom Mittwoch.
SVP spricht weiter von Diktatur
Harsche Kritik kommt vonseiten der SVP. «Der Bundesrat und allen voran Innenminister Alain Berset halten an ihrem diktatorischen Massnahmen-Regime fest», schreibt die Partei in einer Medienmitteilung. Die Partei spricht von einem Wortbruch von Alain Berset. «Nach anderthalb Jahren muss mit dem gesundheitspolitischen Regime, welches eine Zumutung gegenüber der Bevölkerung und den Betrieben darstellt, endlich Schluss sein.»
Parteien weitgehend mit Regierung einig
Die anderen Bundesratsparteien hingegen geben sich grösstenteils einverstanden mit dem Bundesrat. Die SP etwa findet es sinnvoll, dass die bestehenden Massnahmen weiterhin gelten. Allerdings tut sie sich etwas schwer mit dem Vorschlag, dass Corona-Schnelltests künftig selber bezahlt werden sollen – etwa im Nachtleben oder vor Ferien. Zumindest einen Teil solle der Staat weiterhin bezahlen. «Tests müssen niederschwellig bleiben», sagt SP-Mediensprecher Nicolas Haesler.
Genau das Gegenteil findet die FDP: Sie begrüsst ausdrücklich, dass jede und jeder seine Tests selber bezahlt. Laut Kommunikationschef Arnaud Bonvin möchte die FDP so rasch als möglich zurück zur Normalität.
Die Mitte wiederum findet gut, dass der Bundesrat die Situation nach den Sommerferien weiterhin vorsichtig beobachtet. «Die in letzter Zeit steigenden Fall- und Hospitalisierungszahlen mahnen zur Vorsicht», schreibt die Leiterin der Kommunikation.
Mehr Partei-Mitglieder dank Massnahmen-Kritik
Die SVP scheint mit ihrem alleinigen Oppositionskurs – notabene gegen ihre eigenen zwei Bundesräte – nach eigenen Angaben Erfolge zu verbuchen. Die Junge SVP gibt an, im letzten Jahr gegen tausend Neumitglieder verzeichnet zu haben. «So etwas haben wir vorher noch nie erlebt. Wir haben plötzlich Zuspruch von links, von Grünen auch von SP-Mitgliedern», sagt der Präsident der jungen SVP, David Trachsel. «Sogar Ausländer supporten uns wegen unserer Corona-Politik.» Allerdings melden auch andere Parteien ungewöhnlich starken Mitglieder-Zuwachs während der Coronakrise. So etwa die junge Mitte oder die jungen Grünen, aber auch die SP. Die Coronakrise scheint die Bevölkerung breit zu politisieren.